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Kommentar
Nur die Kohle zählt

Von Stefan Seidel

Kaum ist der extreme Hitzesommer vergangen, scheint auch die Klima­frage wieder aus dem Blick zu geraten. Die bra­chial durchgesetzte Rohdung des Hambacher Forstes oder die bevorstehende Opferung von Pödelwitz in Sachsen samt seiner alten Kirche für den Kohletagebau scheinen die eigentlichen Prioritäten wieder zurechtzurücken: Nur die Kohle zählt. Allen Warnungen zum Trotz, dass unsere Erde in Kürze wegschmilzt – auch und vor allem dank des Klimakillers CO2 –, scheint ein schneller Kohleausstieg derzeit einfach nicht machbar. Wenn nur noch Marktgesetze zählen, gehen andere Werte unter. Das ist das Gesetz des Kapitalismus, dem wir derzeit so erschreckend beim Funktionieren und Zerstören zuschauen können.
Dagegen erinnert der Schöpfungstag am 4. Oktober an eine andere Wahrheit: alles Leben ist heilig und würdig und zu verteidigen. Der Heilige Franziskus, dessen an diesem Tag gedacht wird, hat die Priorität im Namen Gottes wieder zurechtgerückt: Nicht das Geld, sondern das Leben steht an oberster Stelle. Er sprach von den Tieren und Pflanzen als von seinen Geschwi­stern und von der »Mutter Erde«.
Diese Ehrfurcht vor dem Leben ist tief christlich – und leider durch den jahrhunderte-langen Kapitalismus weitgehend erodiert. Dabei ist diese Schöpfungsehrfurcht der einzige Ausweg aus der akuten ökologischen Krise unseres Planeten.
Doch wer tritt für sie ein? Der Kirche könnte hier eine Aufgabe zuwachsen, ohne dass sie umständlich nach Profilierungsmöglichkeiten suchen müsste. Der Erntedank und der Aufschrei für die geschundene Schöpfung gehören untrennbar zusammen. Denn nur eine bewahrte Erde kann eine fruchtbare sein. Wer dagegen zerstörerisch Hand an die »Mutter Erde« legt, sündigt.

Der Autor ist leitender Redakteur von "Der Sonntag".

Autor:

Online-Redaktion

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