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Osterwort
Ostern: Gemeinde lebt digital und analog

Kirchenpräsident Joachim Liebig | Foto: Jürgen Meusel
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Furcht wächst damals bei Jesus und den Jüngern, heute bei uns angesichts der Ungewissheit. Gewiss ist jedoch, dass Gott über den Tod hinaus siegreich ist.

Von Kirchenpräsident Joachim Liebig

Nie zuvor war Ostern wie in diesem Jahr. 1958 geboren, kannte ich bisher Erinnerungen an besondere Feiertage unter bedrückenden Bedingungen nur aus den Erzählungen meiner Eltern und Großeltern. Die Verheerungen von geschichtlicher Dimension – wie die Inflation in den 1920er-Jahren, der Krieg und die anschließende Flucht – bildeten dabei den Hintergrund von Ostererinnerungen in größter Sorge und Not. Selbst mit dem Abstand von Jahrzehnten waren alle Emotionen sofort präsent. Schon als Kind verunsicherten mich die Tränen meiner Großmutter. Später konnte ich beruhigt den Abstand der Geschichte zwischen die Erzählungen und meine Gegenwart legen.
Sind wir aktuell soweit? Werden wir später unseren Enkeln vergleichbar emotional erzählen? Zunächst lautet die Antwort eindeutig: Nein! Auch wenn der französische Präsident von einem Krieg gegen das Virus spricht, ist das nicht mit der Jugendzeit unserer Elterngeneration vergleichbar. Dann jedoch stehen uns Opferzahlen aus Italien und Spanien vor Augen und das Bild eines Krieges gewinnt entsetzliche Aktualität. Zudem wissen wir nicht, welche Zukunft uns erwartet.
So deutlich die Not in den Erzählungen der Vergangenheit war, so sehr überwog dann ein erstaunter Rückblick, doch alles bewältigt zu haben. Und immer wieder die Erinnerung, nie zuvor und nie danach sei die Botschaft der Heiligen Schrift so eindringlich gewesen.
Das Fest der Auferstehung Jesu Christi wird in diesem Jahr ganz gewiss anders als je zuvor in jüngerer Zeit sein: Die Gottesdienste können nicht in der gewohnten Form gefeiert werden. So wünschenswert kreativ und erfreulich flexibel alle digitalen Varianten sind, ersetzen sie nicht die tatsächliche Gemeinschaft in den vertrauten Kirchen. Dabei werden digitale Gemeindeformen zunehmend bedeutungsvoll werden; zusätzlich und anders. Die Gemeinde Jesu Christi muss aber immer auch leiblich und ganz analog zusammenfinden.
Viel bedeutsamer für dieses Osterfest ist jedoch eine aufwachsende Furcht, die spürbar anwächst. Sie wird gespeist aus der realen Trauer um Menschen, deren Leben zu Ende ging. Die Furcht gewinnt Kraft aus der Unsicherheit über die eigene Zukunft. Wie wird es weitergehen – wirtschaftlich, gesundheitlich? Wird unser Land diesen Einschnitt bewältigen? Gute Gründe zur Furchtsamkeit.
Fast scheint es, als sei diese Furcht ein Gefühl, das die Spannung zwischen Karfreitag und Ostern besonders intensiv aufnimmt. Von Gründonnerstag an bestimmt Furcht, außer im Johannesevangelium, die Texte der Evangelien. Jesus fürchtet sich, weil er weiß, was ihn erwartet. Die Jünger fürchten sich aus Sorge um ihr eigenes Leben. Die Hohepriester fürchten sich vor der Botschaft Jesu. Pilatus fürchtet das Volk in seiner Launenhaftigkeit. Zur Todesstunde Jesu am Karfreitag erstarrt alles in Angst. Bewegung entsteht erst wieder mit der Botschaft der drei Frauen vom leeren Grab; die Jünger auf dem Weg nach Emmaus. Viel später macht sich Paulus mit der Botschaft vom Ende des Todes auf den Weg. Über allen steht eine machtvolle, trostreiche Gewissheit, Gott selbst über den Tod hinaus siegreich zu wissen. Der Tod verliert seine Macht. Damit ist alle Furcht begrenzt. Der Herr ist auferstanden!
Die Osterbotschaft lässt sich nicht begrenzen. Auch mit den Kontakteinschränkungen, die wir zu Recht beachten, bleibt nicht Sorge und Furcht, sondern standfeste und belastbare Zuversicht. Meine Eltern und Großeltern erzählten davon. Das werde ich unserem gerade geborenen Enkel auch erzählen, weil der Herr auferstanden ist.
Gesegnete Ostern!

Ostergottesdienst mit Kirchenpräsident Liebig: jakobskirche-koethen.de 

Kirchenpräsident Joachim Liebig | Foto: Jürgen Meusel
Nur Erinnerung in diesem Jahr: Das Osterspiel in der Gernröder Stiftskirche fällt in diesem Jahr wegen der Kontakteinschränkungen in der Corona-Krise aus. Ostern wird es trotzdem. | Foto: Jürgen Meusel
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