Teil-Impfpflicht
Pflegeverband warnt vor Versorgungsengpässen
Ab dem morgigen Mittwoch gilt in Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen für die Beschäftigten eine Impfpflicht gegen das Coronavirus. Kritiker warnen vor Personalausfällen und Versorgungsengpässen. Außerdem werde die Schutzwirkung einer Impfung überschätzt.
Vor Inkrafttreten der einrichtungsbezogenen Corona-Impfpflicht hat der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) vor drohenden Versorgungsengpässen gewarnt. Die von Mittwoch an geltende Teil-Impfpflicht werde den ohnehin bestehenden Personalmangel weiter verschärfen, sagte Verbandspräsident Bernd Meurer dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland». Es werde Pflegeheime geben, die Bewohnerinnen und Bewohner nicht mehr versorgen könnten, wenn flächendeckend Betretungsverbote für ungeimpftes Personal ausgesprochen würden.
Weiter kritisierte Meurer, dass viele Fragen noch unklar seien. So müssten Arbeitgeber beispielsweise verbindlich wissen, ob sie ungeimpften Mitarbeitern kündigen dürften. Heimen, die ungeimpfte Personen nach dem 16. März weiter beschäftigten, um die Versorgung zu gewährleisten, drohe ein Rechtsrisiko. «Was, wenn es dann zu einem Ausbruch kommt und ein Angehöriger den Betreiber deshalb verklagt?», sagte der Verbandspräsident.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bezweifelt, dass die Pflegeeinrichtungen mit der Teil-Impfpflicht die Corona-Pandemie in den Griff bekommen. Der Vorstand der Organisation, Eugen Brysch, sagte in Dortmund: «Die derzeitigen Vakzine können die Verbreitung der aktuellen Variante kaum stoppen. So bleibt es ein gefährliches Spiel mit Leib und Leben, solange sich infizierte und nicht infizierte Heimbewohner ein Zimmer teilen müssen.» Für diese Menschen brauche es lokale Ausweichquartiere wie Krankenhäuser, Reha-Einrichtungen und Hotels. «Ohne eine externe medizinisch-pflegerische Taskforce wird das nicht gelingen», sagte Brysch.
Auf Arbeitgeber und Beschäftigte im Gesundheitsbereich werden nach Auffassung der Juristin Nathalie Oberthür mit der einrichtungsbezogenen Impfpflicht viele rechtliche Probleme zukommen. «Ohne Impfnachweis gegen Covid-19 gibt es keinen Anspruch auf Arbeit und Lohn», sagte Oberthür, Kölner Fachanwältin für Arbeitsrecht und Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht im Deutschen Anwalt-Verein. «Lehnt etwa eine Pflegekraft eine Impfung ab, hat sie weder Anspruch auf Lohn noch auf Urlaub», sagte die Juristin. Sie sei dann für ihre Tätigkeit nicht mehr geeignet und könne möglicherweise sogar personenbedingt gekündigt werden.
Arbeitnehmer hätten zudem die arbeitsvertragliche Nebenpflicht, ihre Arbeitskraft zu erhalten. Ob darunter auch die Impfung fällt, sei offen. Werde dies von Gerichten bejaht, könnten ungeimpfte Beschäftigte möglicherweise nach einer Abmahnung entlassen werden. Es könne auch eine Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld I drohen. «Bislang hat die Bundesagentur für Arbeit sich noch nicht positioniert, ob sie eine Kündigung wegen eines fehlenden Impfnachweises mit einer Sperrzeit sanktionieren wird», sagte Oberthür.
Derzeit seien mehrere Verfassungsbeschwerden gegen die Impfnachweispflicht anhängig. Einen Eilantrag gegen das Gesetz hatte das Bundesverfassungsgericht am 10. Februar abgewiesen und das Gesetz grundsätzlich gebilligt. Allerdings rügte das Gericht formale Fehler, die das Gesetz im Hauptsacheverfahren noch zu Fall bringen könnten. «Wird das Gesetz als verfassungswidrig erklärt, müssten Arbeitgeber für ihre freigestellten ungeimpften Beschäftigten den vorenthaltenen Lohn nachzahlen», sagte Oberthür. Unklar sei, ob bei einer erfolgten Kündigung die betroffenen Mitarbeiter einen Wiedereinstellungsanspruch haben. Arbeitgeber hätten derzeit keine andere Wahl, als die Entscheidung der Verfassungsrichter abzuwarten und sich rechtstreu zu verhalten.
Im Zuge der von Mittwoch an geltenden einrichtungsbezogenen Impfpflicht in Krankenhäusern und in der Pflege müssen Beschäftigte ihrem Arbeitgeber eine Corona-Impfung oder -Genesung nachweisen.
Arbeitgeber müssen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne diesen Nachweis bis zu diesem Dienstag (15. März) dem Gesundheitsamt melden, das dann ein Beschäftigungsverbot aussprechen kann. Bei Missachtung drohen dem Arbeitgeber Geldbußen bis 2.500 Euro.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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