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Schon wieder ein Katholik
Was kann der Protestantismus eigentlich? Glaubt man dem Soziologen Max Weber, dann lautet die Antwort: ganz schön viel. Schließlich seien es die Protestanten, meint er, die den Kapitalismus mit ihrem Engagement für die Sache zur Blüte brachten.
Von Paul-Philipp Braun
Glaubt man Berlins Altbischof Wolfgang Huber, ist der Protestantismus das geeignete Zukunftsmodell für christliche Religiosität; sagte er zumindest bei einem Vortrag 2004 in Münster.
Glaubt man aber seinen Augen, die in diesen Tagen nach Wittenberg schauen, wird eher klar, was Protestantismus offenbar nicht so recht kann: Einen Leiter der Luthergedenkstätten stellen. Nachdem mit Stefan Rhein ein Katholik – auch noch aus den Alten Bundesländern – fast 25 Jahre lang die Stiftung anführte, folgt ihm mit Thomas T. Müller wieder ein Katholik (Seite 5). Dass dieser sogar aus dem erzkatholischen Eichsfeld stammt und seine Dissertation über das Mühlhausen der Vorreformation schrieb, sind dabei jedoch nur Randnotizen.
Es wirft sich also schnell die Frage auf, ob es unbedingt einen Katholiken braucht, der sich mit den Stätten der Reformation beschäftigt. Die Frage lässt sich klar mit Ja beantworten. Denn wenngleich wir an dieser Stelle nicht vergessen sollten, dass Luther selbst Katholik war, ist es oftmals doch ganz gut, noch einmal einen anderen Blickwinkel auf Dinge und Ereignisse zu haben. Die Sozialisierung in einem nicht-kulturprotestantischen Umfeld öffnet da vielleicht das eine oder andere Auge noch weiter. Aber auch bei aller Diskussion über den Glauben – der ja glücklicherweise Privatsache ist – eines steht fest: Mit Thomas T. Müller haben die Luthergedenkstätten einen profunden Kenner der Thematik und einen Macher gewonnen. Fast schon einen Protestanten.
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