Anzeige

ZdK-Präsidentin
Überraschungen bei Reformdialog immer möglich

Foto:  epd-bild/Paul-Philipp Braun

Weltsynode, Katholikentag, die deutsche Reformdebatte. Der katholischen Kirche stehen spannende Wochen und Monate bevor, findet Irme Stetter-Karp. Im Gespräch mit Joachim Heinz blickt die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) auf das Verhältnis zwischen Bischöfen und Laien, die Rolle Roms und die politische Arbeit des ZdK.

Für alle, die länger nichts mehr von der Reformdebatte in der katholischen Kirche in Deutschland gehört haben: Wo stehen wir gerade?
Irme Stetter-Karp:
Wir haben nun die Gewissheit, dass wir im Synodalen Ausschuss weiterarbeiten können, der als Übergangsgremium den Synodalen Rat vorbereitet. Dieser Ausschuss hatte sich im Herbst bereits konstituiert. Aber aufgrund einer römischen Intervention war unsicher, wie es nun weitergehen würde.

Sie spielen darauf an, dass im geplanten Synodalen Rat Bischöfe und Laien gemeinsam über wichtige Fragen in der Kirche beraten und entscheiden wollen. Letzteres lehnt Rom ab. Nach einem Treffen zwischen einer Delegation der Deutschen Bischofskonferenz und hochrangigen Vatikanvertretern ist aber zumindest der Ausschuss in trockenen Tüchern?
Wir sind guter Dinge für die zweite Sitzung des Ausschusses, die Mitte Juni in Mainz geplant ist.

Zu den offenen Punkten gehörte auch die Finanzierung des Gremiums. Ist diese Frage inzwischen geklärt?
Die Einladung zur Gründungsversammlung eines Vereins, der die Finanzierung sicherstellen soll, war für die Karwoche ausgesprochen. Einen neueren Stand habe ich nicht. Aber ich hätte sicher wahrgenommen, wenn die Gründung nicht stattgefunden hätte.

Dieser Schritt war nötig geworden, weil die Bischöfe von Köln, Eichstätt, Regensburg und Passau unter Verweis auf die Position des Vatikans erklärt hatten, sich nicht am Synodalen Ausschuss zu beteiligen. Aber mit welchen Argumenten wollen sie denn jetzt noch ihr Fernbleiben begründen? Der Vatikan hat doch grünes Licht für den Ausschuss gegeben.
Ich bin gespannt, wie sie ihren Gläubigen ihre Haltung weiter erklären, kenne aber keine neue Äußerung dazu. Dessen ungeachtet weiß ich natürlich, dass insbesondere auch die Delegierten aus diesen vier Bistümern und die dortigen Diözesanräte diese Frage schon in der Vergangenheit gestellt haben. Und ich bin sicher, sie werden sie weiter stellen.

Als ZdK haben Sie immer wieder vorgeschlagen, dass auch Vertreter der Laien an den Gesprächen mit Rom über den Reformdialog beteiligt sein sollten. Dazu ist es auch diesmal nicht gekommen. Haben Sie Hoffnung, dass sich das ändert?
Ich sehe keine Anzeichen, dass es hier eine Veränderung gibt.

Wie lesen Sie die Inhalte der gemeinsamen Erklärung, die die Bischofskonferenz und der Heilige Stuhl nach ihrem jüngsten Gespräch im Vatikan veröffentlicht haben?
Als Absichtserklärung beider Seiten, die Gespräche möglichst bald und zügig fortzusetzen. Natürlich wird es spannend, wie sich unter den Vorzeichen dieser Erklärung der Synodale Rat entwickeln lässt.

Wie meinen Sie das?
Die zentrale Frage lautet für mich: Gelingt es uns in der Arbeit, uns so weit inhaltlich freizumachen, dass wir überhaupt etwas Substanzielles bewegen können und gleichzeitig die Hürde nehmen, dass Rom dann den Text auch approbiert?

Gesetzt den Fall, dieser Balanceakt gelingt: Droht aber nicht der Synodale Rat trotzdem zu einem zahnlosen Tiger zu werden, weil ja letzten Endes alles unter römischem Vorbehalt steht und die ursprüngliche Idee, ein gemeinsames beschlussfassendes Gremium aus Bischöfen und Laien zu errichten, weiter auf den Widerstand Roms stößt?
Ich finde, das alles ist nicht so leicht einzuschätzen. Wir sehen ja auch bei der von Papst Franziskus einberufenen Weltsynode, dass immer wieder mal überraschende Kurven kommen, die vorher nicht abzusehen waren. Im Positiven erinnere ich daran, dass es Monate vor der ersten Sitzung der Synode aus der zuständigen Behörde hieß, es sei völlig undenkbar, dass Frauen, zumal Laien, mit Stimmrecht teilnehmen könnten. Aber genau das kam dann doch.

Und im Negativen...
...nenne ich als Beispiel, dass plötzlich spannende Themen nicht in der zweiten Sitzung der Synode bearbeitet, sondern ausgelagert werden sollen.

Wir sollten uns also auf die ein oder andere Überraschung gefasst machen?
Auf jeden Fall. Ich glaube jedenfalls nicht, dass am Ende des Kirchenrecht immer so bleiben wird, wie es ist. Und ich hoffe, dass der Veränderungsdruck auch in anderen Ländern erhalten bleibt.

Was erwarten Sie inhaltlich von der zweiten Sitzung des Synodalen Ausschusses?
Zum einen eine Aussprache über den Stand der Umsetzung der Handlungstexte, die wir auf dem Synodalen Weg verabschiedet haben. Das betrifft etwa Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche und Segnungen für Paare, die sich lieben. Und dann wollen wir noch einmal grundsätzlich über das Verständnis von Synodalität nachdenken.

Ende Mai startet der Katholikentag in Erfurt. Welche Rolle wird in dem bevorstehenden Wahljahr die AfD und der Umgang mit der Partei spielen?
Ich gehe davon aus und hoffe, dass der Katholikentag Diskussionen dazu befördern wird. Darauf haben wir uns eingerichtet. Wir haben uns allerdings auch entschieden, dass wir AfD-Vertretern keine Bühne auf den Podien geben.

Haben Sie keine Sorge, dass einzelne Mandatsträger dessen ungeachtet die Aufmerksamkeit des Katholikentags suchen? Schließlich sind im Herbst Landtagswahlen in Thüringen.
Wir wissen natürlich, wo wir den Katholikentag durchführen. Insofern rechnen wir schon mit Diskussionen dazu. Mit möglichen Störungen weiß der Katholikentag umzugehen.

Das ZdK ist Anfang 2022 von Bonn nach Berlin gezogen, um stärkere Akzente in politischen Debatten zu setzen. Ist diese Rechnung aufgegangen?
Uns war natürlich auch vorher klar, dass das kein Selbstläufer wird. Aber ich kann insbesondere mit Rückblick auf das vergangene Jahr sagen: Wir sind als Präsidium des ZdK sehr zufrieden mit den Möglichkeiten, die wir in politischen Gesprächen unter anderen mit Bundeskanzler, Bundespräsident und mehreren Parteivorständen hatten.

Die beiden großen Kirchen scheinen in manchen aktuellen Debatten etwa zur Suizidbeihilfe nicht mehr unbedingt mit einer Stimme zu sprechen. Wie nehmen Sie das wahr?
Ich halte das gesellschaftspolitisch für eine schwierige Entwicklung und bedauere sehr, dass die beiden Kirchen nicht mehr so eng beieinander sind. Es gab in den vergangenen Monaten einzelne evangelische Landesbischöfe, die in ihrer Kirche dafür geworben haben, doch intensiver den Konsens zu suchen, um stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Ich kann im Moment allerdings nicht sehen, wie das gelingen soll. Als ZdK sind wir natürlich an der ökumenischen Zusammenarbeit immer interessiert. Das zeigen auch die Kontakte und gemeinsamen Gespräche auf den Katholikentagen und den Evangelischen Kirchentagen.

(kna)

Autor:

Online-Redaktion

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

35 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Anzeige

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.