Terrorprozesse: Opfer finden zu wenig Gehör
"Unglaublich schmerzliche Erfahrung"
Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die NSU-Opfer, Barbara John, beklagt einen Mangel an Aufmerksamkeit für Opfer in Terrorprozessen. Für die Betroffenen sei es oft «unerträglich», das mörderische Geschehen in den Prozessen noch einmal durchleben zu müssen, sagte die Vorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin. Gleichzeitig werde dem Täter eine Bühne gegeben, wo er «wie in einem Theater sich selbst darstellen und schwallen darf» und dabei auch noch seine Anhänger findet, erklärte sie unter anderem mit Blick auf den Prozess um den antisemitischen Anschlag von Halle.
«Für Opfer und Hinterbliebene ist das eine unglaublich schmerzliche Erfahrung, sich das anhören zu müssen», sagte John, die in dem mehr als fünfjährigen NSU-Prozess die Familien der rechtsterroristischen Mord-opfer betreute. Dazu komme, dass die Opfer und Angehörigen in solchen Gerichtsverhandlungen kaum Gehör fänden. «Die Frage ist doch, ist es in solchen Prozessen unvermeidbar, dass die Perspektive der Betroffenen und Angehörigen so in den Hintergrund rückt», sagte die Ombudsfrau. Diese Frage müsste sich auch im Falle des Halle-Attentäters die Rechtssprechung in Deutschland stellen.
Stephan B. hatte am 9. Oktober 2019 einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt, zwei Menschen erschossen und weitere verletzt. Die Bundesanwaltschaft hat den 28-Jährigen wegen Mordes in zwei Fällen und versuchten Mordes in mehreren Fällen sowie weiteren Straftaten angeklagt. Es gibt 43 Nebenkläger, die von 21 Rechtsanwälten vertreten werden.
Den Taten des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) von Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe fielen zwischen 2000 und 2007 nach Behördenerkenntnissen in acht Städten neun Menschen mit Migrationshintergrund und eine Polizistin zum Opfer.
Als einzige Überlebende des Terror-Trios wurde Beate Zschäpe am 11. Juli 2018 vom Oberlandesgericht München zu lebenslanger Haft verurteilt.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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