Freitag, vor eins ...
Unsere Seite 1 - Der Koffer aus Müngersdorf
Fußballer, das sind echte Kerle. Die spielen bei Regen und Schnee, nehmen Bänderdehnungen in Kauf und liefern selbst nach Verlängerungen mit Elfmeterschießen noch zitierfähige Sätze - die vom "Loddar" gehören inzwischen zu den Evergreens im Lexikon der geflügelten Worte. Vergessen wir mal die Klischees. Dass Fußballer (siehe der treuherzige Matthäus), Vereine und Fans dem Ledermurmel-harten Image nicht gerecht werden müssen, zeigt ein Blick nach Köln.
Pünktlich vor dem Welt-Alzheimer-Tag am 21. September hat der Fanclub "FC-Echo hilft" einen "Erinnerungskoffer" für Menschen mit Demenz zusammengestellt. Das Gepäckstück im Vereins-Rot ist gefüllt mit alten Autogrammkarten, Fotos von Kölner Kickern, Eintrittskarten für das Stadion in Müngersdorf, Wimpeln, Schals oder Fußbällen des 1. FC Köln. Sogar ein kleiner Hennes streckt seine plüschigen Geißbockhörner aus dem Koffer. Man muss wissen: Der FC Köln ist der einzige Verein der Bundesliga mit lebendigem Maskottchen - und das seit 1950. Klar, dass der nicht fehlen darf.
Wer jetzt sagt, ist doch nur gut verpackte Werbung, sollte bedenken: Was fürs Marketing gut ist, muss aus neurowissenschaftlicher Sicht nicht schlecht sein. Über die kleinen Fußballreliquien nämlich sollen Menschen mit Demenz Anregungen erhalten, sich mit früheren Erlebnissen und Gefühlen auseinanderzusetzen und so einen Zugang zu Vergessenem finden. "Und das geht am besten über einen emotionalen Anker", erklärt Änne Türke, die als Koordinatorin des Kölner Regionalbüros Alter, Pflege und Demenz den Koffer in dieser Woche in Köln vorgestellt hat.
Es braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass der "Erinnerungskoffer" insbesondere bei Männern gut ankommen dürfte. Gerade für sie seien Angebote rar, sagt Türke. Rund 1,7 Millionen Menschen in Deutschland leben mit Demenz. Mit der Woche der Demenz möchte die Allianz für Menschen mit Demenz die Öffentlichkeit für die Situation von Erkrankten und die ihrer Angehörigen sensibilisieren.
Um Vergangenes, aber nicht Vergessenes und den Ruf nach einer differenzierten Erinnerungskultur geht es in der aktuellen Ausgabe Ihrer Kirchenzeitung. Gute Lektüre!
Unsere Themen:
- Es wird dunkel: Die neue Sonderausstellungdes Eisenacher Lutherhauses beleuchtet das »Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben«. Mirjam Petermann hat sie besucht.
- Das Kreuz der Ritter: Am Wochenende begeht die Provinzial-Sächsische Genossenschaft des Johanniterordens ihren 150. Rittertag in Magdeburg. Katja Schmidtke und Willi Wild sprachen mit dem ehrenamtlichen Leiter der Ordensniederlassung, Martin von Gehren.
- Der "dritte Weg" in der Sackgasse: Die Wahlversammlung zur Arbeitsrechtlichen Kommission evangelischer Sozialeinrichtungen in Mitteldeutschland (ARK) ist ohne Ergebnis abgebrochen worden. Dienstnehmer, Dienstgeber und ihr Standpunkt.
Außerdem:
- Die badenden Nonnen: Eine Tagung zum Christsein in der DDR. Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen trafen sich, um ihre Erlebnisse und Bilder auszutauschen.
- Strom aus Gurken: Die Stiftung EvangelischeJugendhilfe St. Johannis aus Bernburg setzt auf Umweltbildung. In der Ökostation Neugattersleben entdecken Schüler, was ein bisschen Natur alles kann.
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Autor:Beatrix Heinrichs |
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