Freitag, vor eins ...
Unsere Seite 1 - Namaste
Das Gute am Lockdown sei ja, dass man endlich mal zu etwas käme. Zu all den Dingen nämlich, die man sich immer schon vorgenommen hat, für die aber bisher die Zeit fehlte. Das behaupten dieser Tage nicht wenige Stimmen. Auch ich bin in den letzten Wochen zu so einigem gekommen - vorgenommen jedoch hatte ich mir all das nicht.
Dazu zählen die tägliche Mittagseinheit am Herd genauso wie Symmetrieachsen zeichnen, die Fortpflanzung der Zauneidechse studieren, die Verwendung von Häufigkeitsadverbien im Englischen erklären - und Yoga! Eigentlich bin ich eher der Zumba-Typ. Dem ganzen Geatme und erst recht dieser Verbiegerei auf einer ungemütlichen, viel zu dünnen Gummimatte konnte ich bisher nichts abgewinnen. Zumal, ständig gilt es zu beachten, ob nun das rechte Bein über das linke gedreht werden muss - oder andersherum. Ganz abgesehen von dem komplexen Rhythmus aus Atmung und Bewegung: Musste man die Arme jetzt beim Ein- oder doch beim Ausatmen heben? Und wenn man sie immerzu nur hebt, weil der Yogalehrer offenbar Schnappatmung hat, wann senkt man sie dann? Ich kam da nie wirklich mit. Auch nicht mit der "Utthita Parshvakonasana". Kann kein Mensch aussprechen, diese Standwaage, bei der man die Flanken dehnt - geschweige denn sie für mehrere Atemzüge halten. Ich hatte es wirklich versucht - und bin gescheitert.
Ja, das war einmal. Sie werden lachen: Ich kann sie jetzt, die "Utthita Parshvakonasana" - zwar nicht fehlerfrei aussprechen, dafür aber in der Balance halten. Und ich liebe sie, diese Haltung. Der Corona-Zeit sei dank. Ohne Homeoffice-bedingten Schreibtischrücken hätte ich es vielleicht nicht so schnell noch einmal gewagt. Jeden Abend lasse ich mir via Youtube die Yogalehrerin nach Hause kommen. Einatmen, Ausatmen - hat doch etwas sehr Entspannendes.
Entspannend kann auch Briefeschreiben sein. Ende März hatte der Seniorenbeirat Jena die Bürger dazu aufgerufen, ermutigende Grüße für die Senioren in Alten- und Pflegeheimen der Stadt zu schicken, die wegen des Coronavirus keinen Besuch mehr empfangen dürfen. Über 600 „Hoffnungsbriefe“ sind bislang in der Kreisdiakoniestelle eingegangen. Die ersten Briefe sind bereits an fünf Einrichtungen zugestellt worden. Die nächsten sollen heute an das Gertrud-Schäfer-Haus in Jena-Ost übergeben werden. Ein Lichtblick gegen die Einsamkeit.
Die Eindämmung des Coronavirus und das damit verbundene Kontaktverbot hat seit Wochen in allen Bereichen oberste Priorität und beschäftigt uns auch in der Kirchenzeitung. Warum aber viele Fragen einseitig beantwortet oder gar nicht erst thematisiert werden, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe.
Namaste und ein gutes Wochenende!
Aktuelles
- Zaghafter Neustart: Nach sechs Wochen sind in Sachsen und Thüringen wieder Gottesdienste erlaubt. Ausgerechnet am »Hirtensonntag« durften sich Gemeinden in Kirchen real versammeln.
- Aufräumen, Hamstern: Viele stürzen sich in Aktivität, um Zeit zu füllen und Halt zu finden. Dabei hilft es auch, mit sich allein zu sein – eine Philosophin, eine Theologin und ein Psychiater im Gespräch
- Schritt für Schritt: In Mitteldeutschland sollen die Schulen wieder öffnen. Das gilt auch für die Einrichtungen der evangelischen Schulstiftungen in Thüringen und Sachsen-Anhalt.
- Seelsorge kontra Fürsorge: Kontroverse Stichhaltige Argumente gibt es für oder gegen analoge Gottesdienste. Zwei Meinungen.
Mehr lesenÜber 600 Briefe für einsame SeniorenDiskurs zur Ethik eines Suizides auf Verlangen
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Autor:Beatrix Heinrichs |
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