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Freitag vor 1
Unsere Seite 1 – Ökumene auf dem (Zeitungs-)papier

Feiern Sie eigentlich die Woche der Brüderlichkeit? Nein? Und Sie wissen auch gar nicht, was das ist? Dabei gibt es sie schon seit 1952 – seitdem findet sie jedes Jahr im März statt und soll den Dialog zwischen Christen und Juden stärken. Und trotz des Namens sind sogar die Schwestern zum Mitmachen eingeladen.

Wir in der Redaktion pflegen seit einigen Monaten ständig die Brüderlichkeit – wenn auch auf etwas andere Art. Ganz unbescheiden darf ich sagen, dass das mit mir zu tun hat. Denn im Frühjahr letzten Jahres bin ich zur Redaktion gestoßen und seit Dezember als „fester Freier“ mit dabei. Und ja, heute muss ich mich endlich outen: Ich bin katholisch. Und das bei einer evangelischen Kirchenzeitung?! Die nehmen auch wirklich jeden, mag manch einer jetzt vielleicht denken. Kennt der sich überhaupt aus bei den Protestanten? Will der die Zeitung heimlich infiltrieren?

Während ich die erste Frage leidlich mit ja beantworten kann, kann ich Letzteres klar verneinen. Statt dessen geht es um gegenseitigen Austausch. Denn in der katholischen Presse bin ich schon seit vielen Jahren unterwegs, und ich muss feststellen: Die Themen ähneln sich, überschneiden sich sogar. Da liegt es nahe, auch bei den Kirchenzeitungen enger zusammenzurücken – zumal sich ja inzwischen herumgesprochen hat, dass sich die Christen beider Konfessionen gerade in der Region zwischen Altmark und Erzgebirge nicht gerade exponentiell vermehren. Was ich in dieser Woche bei „Glaube + Heimat“ veröffentliche, kann ich nicht selten in der kommenden Woche beim „Tag des Herrn“, der katholischen Kirchenzeitung für Mittel- und Ostdeutschland, verwenden.

Und das ist auch für mich selbst bereichernd. Bei uns in der Familie gingen die Konfessionen sowieso querbeet durcheinander. Die einen evangelisch, die anderen katholisch, manche sind auch im Laufe ihres Lebens konvertiert oder ausgetreten und in der anderen „Abteilung“ wieder eingetreten. Die Tisch- und Abendgebete habe ich von meiner evangelischen Urgroßmutter gelernt, andererseits fühle ich mich selbst im katholischen Glauben zu Hause, ohne den Blick über den Tellerrand zu vernachlässigen.

Und da finde ich durchaus Positives in beiden Konfessionen. So konnte ich im November bei der EKD-Synode in Magdeburg dabei sein. Wie Bischöfe und Bischöfinnen (die es bei den Katholiken nicht gibt – woran sich wohl auch künftig nichts ändern wird) mit den Synodalen, wir würden sagen: den Laien, mit am Tisch sitzen und gemeinsam um den Kurs der Kirche ringen, das kenne ich in dieser Form nicht. Zwar versucht die katholische Kirche in Deutschland gerade, beim „Synodalen Weg“ diese Art der Gemeinsamkeit zu erproben, aber so richtig will das noch nicht funktionieren. Da spielt auch ein unterschiedliches Kirchenverständnis eine entscheidende Rolle: In der evangelischen Kirche sind die Hierarchien viel flacher, da fällt eine Begegnung auf Augenhöhe oft leichter. Einem Bischof mit Soutane, Brustkreuz und Mitra begegnet man eben doch automatisch mit mehr Abstand.

Auch die gegenseitige Anrede als „Bruder“ oder „Schwester“ ist mir aus der eigenen Erfahrung fremd, obwohl sie mir durchaus gefällt. Denn in einer Region wie Mitteldeutschland, in denen 70 bis 80 Prozent der Menschen überhaupt keiner Konfession angehören, sollten sich Katholiken wie Protestanten ohnehin als Brüder und Schwestern begreifen. Das heißt ja nicht, dass man seine eigenen Glaubenstraditionen und -überzeugungen aufgeben muss. Nein, konvertieren werde ich nicht. Aber bei der Kirchenzeitung leben wir sozusagen die Ökumene auf dem (Zeitungs-)Papier. Und wir hoffen zugleich, dass sie längst nicht nur auf dem Papier existiert.

Unsere Themen:

  • Angekommen: Der zwölfjährige Zhenja ist vor einem Jahr mit seinen Eltern nach Magdeburg geflüchtet. Dort ist er der einzige Ukrainer an einer evangelischen Schule.
  • Miss mit Mission: Warum die angehende Gemeindereferentin Kira Geiss die neue "Miss Germany" werden will.
  • Weiblich: Die "Woche der Brüderlichkeit" ist nicht nur ein Dialog zwischen Brüdern, findet unsere Autorin Claudia Rimestad.

Außerdem:

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Autor:

Oliver Gierens

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