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Freitag vor 1
Unsere Seite 1 – Was der Magdeburger Dom mit Ostern zu tun hat

Heute ist es zum ersten Mal in diesem Jahr so richtig warm. Jetzt, wo der Frühling durchbricht, wird auch das Wetter endlich "österlich": Die Natur blüht wieder auf, aus dem Grau des Winters wird eine Farbenpracht. Das ist ein Sinnbild für die Auferstehung: Was eben noch tot war, erwacht zu neuem Leben. Dabei ist das Osterfest schon wieder zwei Wochen her. Waren Sie diesmal so richtig in Osterstimmung?

Ich meine, ist Ihnen zum Osterfest bewusst geworden, was dieses Ereignis für uns Christenmenschen bedeutet? Wo etwas gänzlich verloren schien, gescheitert und auf grausame Weise zugrunde gerichtet wurde, da erwacht plötzlich neues Leben. Der Tod hat nicht das letzte Wort, nicht die johlende Menge, die Jesu Kreuzigung gefordert hatte, nicht die Hohepriester, die die Menschen aufgewiegelt und nicht die Soldaten, die mit Jesus ihren Hohn und Spott getrieben hatten.

Für mich ist diese Osterbotschaft jedes Jahr immer wieder aufs Neue faszinierend. Dazu trägt auch die katholische Liturgie der Osternachtsfeier bei, an der ich nahezu jedes Jahr teilnehme. Sie wird am späteren Abend des Karsamstags oder ganz früh am Ostermorgen gefeiert und beginnt sprichwörtlich bei Adam und Eva. Nachdem das Osterfeuer entzündet und gesegnet wurde, wird der Kirchenraum nur vom Licht der Kerzen erleuchtet, mit denen das Licht des Osterfeuers weitergetragen wird. Dann werden mehrere Lesungen vorgetragen, ausgehend von der Schöpfungsgeschichte. Es folgen wahlweise etwa die Bindung Isaaks, als der jüdische Stammvater Abraham seinen Sohn opfern sollte, oder der Auszug der Israeliten aus Ägypten, als Gott das Rote Meer geteilt und so sein auserwähltes Volk vor den Soldaten des Pharaos beschützt hat.

Am Übergang vom Alten zum Neuen Testament wird die Kirche dann vollständig erhellt, die Orgel erklingt erstmals wieder mit dem „Gloria“ – Tod und Trauer sind vorbei, Jesus ist auferstanden und mit ihm hat etwas wirklich Neues begonnen. Feierlich wird schließlich das Osterevangelium verkündet, es folgt eine Erinnerung an die eigene Taufe. Mich versetzt diese Feier immer wieder in eine tiefe österliche Stimmung, weil sie deutlich macht, wie sehr Jesu Auferstehung im Kontext der gesamten Geschichte zwischen Gott und den Menschen steht. Sie ist ein wirklich einschneidendes Eingeifen Gottes, mit dem Tod und Sünde überwunden sind – obwohl beide nun wahrlich noch nicht aus der Welt verschwunden sind. Aber sie haben nicht mehr das letzte Wort.

Am Ostermontag durfte ich dann eine österliche Auferstehungsgeschichte ganz praktisch miterleben. Sie spielte im Magdeburger Dom, der im Gegensatz zu manch anderen Kirchen der Stadt seit Jahrhunderten kaum zu hören ist. Denn in den beiden Türmen hängen nur drei Glocken, zwei von ihnen werden noch regelmäßig geläutet. Zwar weiß man nichts Genaues, aber es sollen mal deutlich mehr gewesen sein. Viele von ihnen sind wohl im Dreißigjährigen Krieg eingeschmolzen worden, um daraus Waffen herzustellen. Also nicht „Schwerter zu Pflugscharen“, sondern „Glocken zu Kanonen“ – ein Unding auch für viele Bürger der Landeshauptstadt, die sich vor fünf Jahren zu einem Verein zusammengeschlossen haben, um der Kathedrale wieder ein angemessenes Geläut zurückzugeben.

Und so konnten am Ostermontag fünf neue Glocken der Domgemeinde übergeben werden. Eine erste Glocke hatte der Glockenverein bereits im vergangenen Herbst gestiftet, zwei weitere Glocken sollen noch folgen, darunter die riesige „Credamus“ („Lasst uns glauben“). Sie wäre dann Deutschlands zweitgrößte Kirchenglocke. Zuletzt war im Ersten Weltkrieg eine im Dommuseum ausgestellte historische Glocke für die Waffenherstellung zweckentfremdet worden. Doch auch hier gilt: Der Tod hat nicht das letzte Wort. Stattdessen ist der Glockenverein auf einem guten Weg, die im Laufe der Jahrhunderte gerissenen Wunden zu heilen. Das macht diese Glockenpräsentation zu einem wahrhaft österlichen Ereignis.

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Autor:

Oliver Gierens

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