Kommentar
Wissen hilft
Von Reinhard Schramm, Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen
Antijudaistische Klischees, nationalsozialistisches Gedankengut und Import des Nahost-Konflikts sind die Basis neuen Hasses und neuer Gewalt gegen Juden. Jüdische Friedhöfe geschändet, Jude wird als Schimpfwort geduldet, unser Rabbiner wird auf der Straße verbal angegriffen, Juden werden aufgefordert, ihr Judentum zu verschweigen, Drohbriefe werden böser, jüdische Schüler werden im Stich gelassen.
Außerhalb Thüringens werden Symbole des Judentums ungehindert verbrannt, jüdische Kinder aus der Schule gemobbt, Kippa-Träger körperlich angegriffen und Anti-Israel-Demonstrationen enden in primitivstem Antisemitismus. Die Mitte der Gesellschaft bleibt weitgehend gleichgültig. Demokraten in den Kirchen, Organisationen, Parteien und Bürgerbündnissen engagieren sich. Ihnen gilt unser Dank, aber sie sind zu wenige. Was tun?
Beharrliche Wissensvermittlung von Kindergarten über Schule bis zur Berufs- und Hochschulausbildung ist vonnöten. Ob Stammtisch-Aktivisten, Pegida- und AfD-Mitläufer
oder rechtsextreme junge Straftäter: wir müssen ihnen mit Argumenten begegnen. Meine Gefängnisgespräche empfinden ich und auch die Häftlinge hilfreich. Wissen, nicht Hass ist die Antwort auf Hass.
Wissen über jüdische Geschichte schließt die jüdische Tragödie ein. Aber vor allem muss an den Beitrag der Juden an deutscher Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft sowie an die Perioden erfolgreicher christlich-jüdischer Zusammenarbeit erinnert werden. Wer die Leistungen der jüdischen Minderheit kennt, deren Anteil an der deutschen Bevölkerung stets weniger als ein Prozent betrug, wird sich jenen entgegenstellen, die heute das Wort Jude als Schimpfwort verwenden. Die Zeit drängt.
Autor:Online-Redaktion |
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