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Szenische Lesung
Als sich Christen in Tirol bis aufs Blut malträtierten

Der Schauspieler Steve Karier (l.) sollte recht behalten: "Die Suggestivkraft der Worte, von zwei Schauspielern gesprochen, kann durchaus größere Wirkung erzeugen als eine komplett bebilderte Bühnenfassung." | Foto: Maik Schuck
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  • Der Schauspieler Steve Karier (l.) sollte recht behalten: "Die Suggestivkraft der Worte, von zwei Schauspielern gesprochen, kann durchaus größere Wirkung erzeugen als eine komplett bebilderte Bühnenfassung."
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"Glaube und Heimat": Die szenische Lesung des Dramas zeigt einstige Religionskämpfe. Es gab viel Beifall bei der Premiere und bereits Ideen für weitere Aufführungen.

Von Gerlinde Sommer

Stellen Sie sich vor: Wer nicht katholisch ist, muss seinen Hof, sein Haus, sein Vieh und seine angestammte Heimat verlassen. Familien werden, falls sie gemischt konfessionell sind, auseinander gerissen. Kinder müssen elternlos zurückbleiben: Sie sollen papsttreu gemacht werden.

Die Zeit der Gegenreformation ist unmenschlich – und der Tiroler Landesherr unerbittlich. Es genügt ihm nicht, dass seine Untertanen gottesfürchtige Christen sind. Es kommt ihm darauf an, das sie ausschließlich den katholischen Glauben leben – und nicht die Lutherbibel auf Deutsch lesen. In Tirol wird verfügt, dass dort nicht länger Evangelische leben dürfen. Nun gilt es, diese Anweisung mit aller Brutalität durchzusetzen: Gekämpft wird nach Maßgabe der Obrigkeit in Christi Namen gegen die vermeintlich Falschgläubigen bis aufs Blut.

Das ist der Inhalt jenes Dramas, das Karl Schönherr (1867–1943) unter dem Titel „Glaube und Heimat“ 1910 schrieb und auf die Bühne brachte. Schönherr war Tiroler und wusste um die Gründe, warum seine Heimat selbst zu seiner Zeit nur eine Konfession kannte.

„Glaube und Heimat“ ist seit 100 Jahren der Name der mitteldeutschen Kirchenzeitung – und zwar deshalb, weil 1924 Vikare aus dem Altenburger Land diesen Titel mit Verweis auf die bei Schönherr nachzulesende Vertreibungsgeschichte vorgeschlagen hatten. Deshalb wurde jetzt das Stück als szenische Lesung im Foyer des Deutschen Nationaltheaters in Weimar aufgeführt. Zum einen, weil die Kirchenzeitung in Weimar ihren angestammten Sitz hat, zum anderen weil das Glaubensdrama kurz nach seiner Uraufführung auf der Weimarer Bühne Premiere gefeiert hatte.

Steve Karier und Judith Rosmair machen in der szenischen Lesung sehr eindrücklich eine heute fremde Welt des Glaubens erlebbar. Es geht um Verfolgung und Abschiebung vermeintlich Falschgläubiger. Wobei es so aussehen soll, als verließen die Evangelischen ihre Tiroler Heimat freiwillig: Sie müssen einen Wegepass beantragen für die Reise ins Ungewisse. Gemischt konfessionelle Ehepaare dürfen sich trennen, wenn der katholische Teil lieber daheim bleiben will. Minderjährige müssen zwangsweise ohne Eltern zurückbleiben.

Wer als evangelischer Christ vor der Abschiebung stirbt – ob altershalber oder durch staatliche Gewalt –, der wird nicht als Christ auf dem Gottesacker beigesetzt, sondern auf dem Schindanger wie totes Vieh verscharrt …

Die blutige Geschichte der Familie Rott steht im Mittelpunkt des Dramas. Und am Ende gibt es viele Beifall im Foyer des DNT für diese von Kirchenzeitung, Kunstfest und Achava ermöglichte szenische Lesung. Noch am Abend werden erste Ideen laut, wie das Stück „Glaube und Heimat“ in Thüringen und darüber hinaus zugänglich gemacht werden könnte. Vorerst aber stehen keine Aufführungstermine fest.

Die Autorin ist Chefradakteurin der Thüringischen Landeszeitung (TLZ) mit Sitz in Weimar, in der der Beitrag zuerst erschien.

Angemerkt
EKM-Regionalbischöfin Friederike F. Spengler sagte nach der Vorstellung, dass sie sich vorstellen kann, dass das Stück spätestens 2030 anlässlich 500 Jahre Confessio Augustana wieder in Weimar gespielt wird. Es gibt aber auch Überlegungen, die szenische Lesung Kirchengemeinden zur Aufführung anzubieten. Wir werden Sie, liebe Interessierte, auf jeden Fall auf dem Laufenden halten, wann und wo das Theaterstück zu erleben sein wird.

Autor:

Online-Redaktion

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