#weltoffenes Thüringen
Breite Unterstützung
Große Teile der Gesellschaft formieren sich gegen die AfD und Rechts-extremismus in Thüringen. In der Initiative "weltoffenes Thüringen" wollen sich unterschiedliche Gruppen gegen einen Rechtsruck stemmen. Auch die Kirche ist dabei.
Von Willi Wild
Beeindruckende Unterstützerzahlen konnte die Initiative „weltoffenes Thüringen“ beim konstituierenden Netzwerktreffen in Jena vorlegen. Bis 25. Januar hatten bereits über 3500 Organisationen, Unternehmen, Gruppen und Einzelpersonen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Sport, Politik, Kultur, Kirche und Bildung ihre Unterstützung zugesagt. Sie eint die „Sorge um die Demokratie in unserem Land“, so heißt es im Statement der Initiative. Fernab von tagespolitischen Diskussionen der Parteien wolle man zeigen, „dass wir heute und auch in Zukunft ein weltoffenes Land, ein weltoffenes Thüringen wollen“, wird Stefan Traeger, der Vorstandsvorsitzende der Jen-optik zitiert.
Dass es mit Hinblick auf die Landtagswahl und den sich verdichtenden Wahlkampf nicht einfach werden wird, fernab der Tagespolitik ein einheitliches Bild zu vermitteln, zeigte sich bereits am Rande bei der Aufstellung zum gemeinsamen Gruppenfoto. Gewerkschafterin Renate Sternatz komplimentierte CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt von der ersten in die hinteren Reihen. Das war aber denn schon die einzige Irritation. Ansonsten demonstrierten die Anwesenden in den wesentlichen Punkten Einigkeit und den symbolischen Schulterschluss. Im „Superwahljahr 2024“ in Thüringen (Kommunalwahl, Europawahl und Landtagswahl) wolle man den 70 Prozent Wahlberechtigten, die sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen, den Rücken stärken.
Dazu will auch die EKM beitragen. Regionalbischöfin Friederike Spengler vertritt die evangelische Kirche in Thüringen, die mit knapp 400 000 Mitgliedern größte organisierte zivilgesellschaftliche Gruppe der Initiative. Die Kirche verbinde mit der Initiative sehr viel, so Spengler. Kirche sei weltoffen und müsse es bleiben, weil sie mit den weltweiten Kirchen und Religionen verbunden sei. Religion und freies Gewissen gehörten zur eigenen Identität. „Wir sprechen darüber, woran wir glauben und woran wir unsere Hoffnung festmachen.“ Toleranz und Menschenwürde seien bereits im Schöpfungsbericht verankert. Dort heißt es, dass der Mensch nach dem Ebenbild Gottes gemacht ist. Das gelte für alle Menschen. Jesus habe dies mit der Nächsten- und Feindesliebe untermauert. Zudem stehe Kirche zur Demokratie und lebe sie selbst in den kirchlichen Strukturen. Die Landeskirche wolle in ihren Kirchengemeinden Diskussionsräume schaffen und Gesprächspartner sein.
Die Initiative „weltoffenes Thüringen“ ist aus der „Weimarer Erklärung für ein solidarisches Miteinander“ hervorgegangen. Darin wendeten sich Kultur-, Bildungs- und Forschungsinstitutionen der Stadt 2022 gegen die radikalisierten Corona-Proteste. Einer der Mitinitiatoren war Weimars Superintendent Henrich Herbst. Er hofft, dass mit der landesweiten Initiative 2024 neben den Städten auch der ländliche Raum erreicht werden kann. Der ländliche Raum ist derzeit noch spärlich vertreten. Auch wenige Handwerksbetriebe haben sich bislang der Initiative angeschlossen. Herbst sieht seine Aufgabe darin, das Gespräch mit den 20 000 Mitgliedern seines Kirchenkreises in Gang zu setzen. Man wolle für Weltoffenheit, Toleranz und Demokratie werben, weil sie zur DNA der evangelischen Kirche gehöre.
Die Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein gehörte zu den Erstunterzeichnern der Initiative. Klaus Scholtissek, Vorsitzender der Geschäftsführung, will das Anliegen von „weltoffenes Thüringen“ in die Einrichtungen der Stiftung tragen. Es sei wichtig, die schweigende Mehrheit zu erreichen und Menschen zu gewinnen, die als Multiplikatoren den Wert der Demokratie vermittelten. Er denke da an den Arzt, die Krankenschwester oder den Handwerker.
Die Stiftung habe sich ganz konkret bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis mit einem Wahlaufruf positioniert. Dort hieß es: „Wir brauchen einen Landrat, der verbindet, der möglichst viele Menschen im Landkreis vertritt, der zuhören kann, der alle Menschen im Blick hat, der Erfahrung und Empathie hat und der uns mithilft, die Probleme vor Ort ohne Feindbilder zu lösen.“
Ähnlich äußerte sich beim Netzwerktreffen Jenas Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP): "Man kann es sich in diesen Tagen nicht mehr leisten, neutral zu sein." Mit öffentlichen Veranstaltungen, Bannern und Aktivitäten in Sozialen Medien will die Initiative für Demokratie und gegen Rechtsextremismus werben. Im August sei ein Konzert auf dem Erfurter Domplatz geplant. Zunächst gehe es aber darum, dass die Unterstützer zueinander fänden und die Initiative eine Organisationsstruktur erhalte, hieß es. Von Willi Wild "Man kann es sich in diesen Tagen nicht mehr leisten, neutral zu sein"
Autor:Willi Wild |
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