Kirchliche Baudenkmäler bewahren

Den Steinen eine Stimme geben

Die Stiftung zur Bewahrung kirchlicher Baudenkmäler der EKD unterstützt seit 1999 Kirchensanierungen – besonders auch im Osten Deutschlands. Fünf der zwölf Kirchen, die nun für den Titel "Kirche des Jahres 2023" nominiert sind, stehen in Mitteldeutschland. Wir stellen sie vor.


Dorfkirche Großpaschleben

Die Jugendkirche Großpaschleben der Landeskirche Anhalts war im Juli 2022 als KiBa-Kirche des Monats ausgezeichnet worden. Die Dorfkirche nahe Köthen ist in den vergangenen Jahren als „Jugendkirche Plus+Punkt“ zum kirchlichen Treffpunkt und Zentrum für Jugendliche umgebaut worden. Der gotischer Saalbau mit einem mächtigen romanischen Westturm wurde und wird umfassend saniert, unter anderem mit Mitteln der Stiftung KiBa. Der Turm und Teile des Kirchenschiffs sind schon im 11. Jahrhundert entstanden. Der historische Glockenstuhl aus Eichenholz trägt drei wertvolle Bronzeglocken aus dem 13. Jahrhundert und damit eines der ältesten vollständigen Geläute in der Region. Im 18. Jahrhundert baute die Gemeinde das Kirchenschiff dem barocken Zeitgeschmack entsprechend um. Ab 1995 wurde das Gotteshaus nicht mehr regelmäßig genutzt.

Mit der Sanierung hat die Landeskirche Anhalts insbesondere Jugendliche in den Blick genommen. Zu den ersten Maßnahmen gehörten der Einbau einer Küche, von Toiletten und Dusche. Seitdem können auch Übernachtungsevents in der Dorfkirche stattfinden. „Es geht immer darum, die Gemeinschaft zu stärken", sagt Kreisjugendpfarrer Martin Olejnicki. Gottesdienste und Andachten gehören zur Jugendkirche dazu, aber auch eine Jugendband kann im Kirchenraum proben; hier finden große Konfirmanden-tage statt.

Insgesamt 565 000 Euro sind für Sanierung und Umbau veranschlagt. Je weiter die Arbeiten voranschreiten, desto größer werden die Spielräume – für die Gemeinde und für die Jugendlichen. Martin Olejnicki weiß: „Die Nachfrage ist hoch!“

St. Marien Gräfenthal

Die denkmalgeschützte Stadtkirche St. Marien (Kirchenkreis Rudolstadt-Saalfeld) geht auf das 14. Jahrhundert zurück. Im Laufe der Jahre baufällig geworden, hatte die Stadtkirche mit der dreigeschossigen Empore im 18. Jahrhundert neu errichtet werden müssen. So erhielt sie zwischen 1724 und 1731 ihre heutige barocke Form. Um den Neubau zu finanzieren, hatte man seinerzeit eine Abgabe von einem Heller für ein Maß Bier erhoben. Sanierungen auf diese Weise zu stemmen, wäre so heute wohl nicht mehr möglich. Als Kirche des Monats August erhielt St. Marien daher im vergangenen Jahr Unterstützung von der Stiftung KiBa.

Mit der Auszeichnung verbunden war ein Betrag von 10 000 Euro für die Instandsetzung der Turmhaube. Der Turm der ehemaligen Wehrkirche stammt aus dem Jahr 1518. Ursprünglich war er einmal Teil der Stadtbefestigung gewesen, weshalb er leicht versetzt zum Kirchenschiff steht. Ältester erhaltener Teil des Gotteshauses ist die gotische Krypta, die sich unter dem Chor befindet und vermutlich 1461 errichtet wurde. Der Raum war über Jahrhunderte als Grablege der Adelsfamilie von Pappenheim ge-nutzt worden. Bereits 1525 ist St. Marien protestantisch geworden. Der Reformator Martin Luther hat hier 1530 während eines Besuchs am Gründonnerstag gepredigt.

St. Johannis Allstedt

Eine der größten erhaltenen Kirchen des Thüringer Rokoko ist St. Johannis Baptist in Allstedt (Kirchenkreis Bad Frankenhausen-Sondershausen). Sie war KiBa-Kirche des Monats im Dezember – eine Auszeichnung, die vor knapp 500 Jahren politischen Zündstoff entfaltet hätte. Die Bedeutung des 1765 errichteten Gotteshauses ist verbunden mit der Person Thomas Müntzer, eines Zeitgenossen Martin Luthers. Anders als Luther aber wollte Müntzer nicht nur die Kirche, sondern gleich die gesamte soziale Ordnung revolutionieren. Standesgrenzen und Leibeigenschaft hielt er für unchristlich. Und damit hielt er seit seinem Dienstantritt in Allstedt 1523 auch nicht hinterm Berg.

Gottesdienstbesucher reisten in Scharen an, um ihn im Vorgängerbau der Johanniskirche predigen zu hören – auf Deutsch! Die Ausstattung aus Müntzers Zeit ist vereinzelt in der Kirche noch erhalten, so zum Beispiel das Sandstein-Taufbecken, das bis heute genutzt wird. Und ein Teil des historischen Geläuts erklang bereits, als Müntzer zum Gottesdienst lud. Es stammt aus den Jahren 1345, 1577 und 1683. Die umfassende Renovierung der Kirche schlägt mit 670 000 Euro zu Buche. Die Stiftung KiBa steuerte unter anderem für die Sanierung des Turmdachs 10 000 Euro bei.
 

St. Johannes Frömmstedt

Die Kirche St. Johannes (1344 erstmals urkundlich erwähnt) war KiBa-Kirche des Monats im Mai 2022 und wurde von der Stiftung mit 15 000 Euro für Sanierungen am Turm unterstützt. Nach einem schweren Sturm wurde die Kirchturmhaube mit der Kirchturmspitze schwer beschädigt und drohte abzubrechen. Es zeigten sich Risse im Mauerwerk und zusätzliche Ausbeulungen in Fensterhöhe. Zudem stellte sich heraus, dass die Schäden noch größer waren, der Turm bei Erschütterungen gänzlich auseinanderzubrechen drohte. "Das stellte die Kirchengemeinde vor weitere Herausforderungen, und wir mussten den Sakralteil der Kirche mit Turm und Chorraum sperren", erklärt Pfarrer Bechtloff. Die Glocken dürfen aufgrund der Vibrationen nicht mehr geläutet werden. Die Sanierung am Turm soll noch in diesem Frühjahr beginnen.

Die einstige Ruine überdacht seit 2007 eine moderne Konstruktion mit integrierter Photovoltaik-Anlage. Diese versorgt das hauseigene WLAN, den „Godspot“, sowie die Ladestation für E-Bikes vor der Kirchentür mit Energie. Für diesen Innovationsmut hat Ortspfarrer Jens Bechtloff den Thüringer Umweltpreis erhalten.

St. Marien Sylda

Die St. Marienkirche in Sylda im Kirchenkreis Eisleben-Sömmerda war im April 2022 KiBa-Kirche des Monats. „Darüber und über die 10 000 Euro, mit denen unsere Kirchengemeinde bei der Turmsanierung unterstützt wurde, haben wir uns sehr gefreut“, sagt der GKR-Vorsitzende Gerald Zobel. „Es war das erste Mal, dass wir eine Förderung bei der Stiftung beantragt hatten.“ Im vergangenen Jahr wurde der Turm von oben beginnend saniert. Zuerst waren Kreuz, Wetterfahne, Turmkugel und Dachhaube dran. Dann ging es weiter turmab, bis das Geld alle war. Rund 15 Meter Höhe des Mauerwerkes fehlen noch.

Als die restaurierte Kugel wieder aufgesetzt wurde, gab es ein Fest, zudem viele Bewohner des Ortes kamen, Christen und Nichtchristen. Ein ähnliches Fest soll es in diesem Sommer geben, wenn das Jubiläum „100 Jahre Turmuhr“ gefeiert wird. Gerald Zobels Frau Beate betont: „Das Schönste hier bei uns ist, dass wir alle zusammenhalten. Das Miteinander ist doch das Wichtigste!“ Das merke man auch beim Krippenspiel zu Weihnachten und der regen Kirchenmusik. Zudem fänden regelmäßig Gottesdienste statt.

Die Kirchenbücher gehen bis ins Jahr 1654 zurück. In dem Jahr waren bei einem Brand Kirche und Pfarrhaus zerstört worden. Nach drei Jahren stand eine neue Kirche, die aber wegen Bauschäden um 1760 erneut durch einen Neubau ersetzt wurde. „Wir sind stolz auf unsere Kirche, den wunderschönen Altarraum und das dunkelbraune Gestühl“, so Beate Zobel.

(red/epd)

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Die Stiftung fördert Erhaltungsmaßnahmen an evangelischen Kirchen im gesamten Bundes-gebiet. Seit 1999 hat die Stiftung über 1700 Förderzusagen mit insgesamt mehr als 34 Millionen Euro für die Erhaltung von Kirchen gegeben. Auf ihrer Homepage hat die KiBa eine Liste mit den zwölf „Kirchen des Monats“ aus dem Jahr 2022 zusammengestellt. Hier kann auch die "Lieblingskirche" zur "Kirche des Jahres" nominiert werden.

stiftung-kiba.de/kirchedesjahres