Hintergrund
Der gemeinsame Nenner
Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Sachsen-Anhalt hat Zuwachs bekommen. Wir stellen die Neulinge vor.
Von Andreas Fincke
Die ACK ist ein Dachverband von Kirchen, die – trotz mancher Unterschiede – gemeinsam Jesus Christus als Gott und Heiland bekennen. Fundament dieses Glaubens ist allein die Heilige Schrift. So wundert es nicht, dass neben den beiden großen Kirchen die Anglikanische Kirche, die Orthodoxen Kirchen und nahezu alle Freikirchen in der ACK mitarbeiten.
Hinter dieser sachlichen Beschreibung verbirgt sich eine große Errungenschaft: Denn keine dieser Kirchen sagt, dass sie allein im Besitz der Wahrheit wäre und sie allein den richtigen Weg zu Gott kennen würde. Vielmehr billigen sich die einzelnen Mitgliedskirchen gegenseitig zu, dass auch der andere Weg zu Gott richtig und wichtig sein kann. Daher ist man in der ACK gemeinsam unterwegs zu Gott.
Mitte März hat nun der ACK-Regionalverband Sachsen-Anhalt bei einem Festgottesdienst in Halle zwei neue Mitglieder aufgenommen. Genauer gesagt: Zwei bisherige Gastmitglieder wurde „richtige“ Vollmitglieder. Es handelt sich um die Apostolische Gemeinschaft, beim Festakt vertreten durch Bischöfin Elke Heckmann aus Greiz, und die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten, vertreten durch Vorsteher Gunnar Scholz aus Berlin.
Die Apostolische Gemeinschaft
Beide Freikirchen haben komplizierte Entstehungsgeschichten. Stark vereinfacht kann man sagen: Die Apostolische Gemeinschaft ist eine Mitte der 1950er Jahre entstandene Abspaltung von der Neuapostolischen Kirche. Seinerzeit war umstritten, ob das Amt eines Apostels heilsnotwendig ist und welche Machtfülle es haben kann. Einige zehntausend Neuapostolische spalteten sich nach schweren Konflikten ab. Sie behielten jedoch in ihren Reihen das (ungewöhnliche) Amt eines Apostels, sprachen dem aber kaum eine besondere Autorität und Machtfülle zu. Aus dieser Abspaltung ist die Apostolische Gemeinschaft entstanden. Diese Gemeinschaft ist schon immer ökumenisch sehr aufgeschlossen, und so war es an der Zeit, dass man nun „richtiges“ Mitglied in der ACK-Sachsen-Anhalt wurde.
In den letzten Jahren haben sich aber auch in der Neuapostolischen Kirche die Dinge sehr verändert. Auch hier wurde neu über das Amt des Apostels nachgedacht. Die Neuapostolische Kirche hat erstaunliche, nahezu sensationelle Veränderungen und theologische Kurskorrekturen erlebt. Sie ist bereits seit einiger Zeit Gastmitglied der ACK, was noch vor zehn Jahren völlig undenkbar gewesen wäre. Wie sehr die Verhältnisse in Bewegung gekommen sind, lässt sich auch an einer Äußerlichkeit zeigen: Der Festgottesdienst im März zur ACK-Aufnahme der beiden Kirchen fand in Halle in einer Neuapostolischen Kirche statt. Die Predigt hielt EKM-Landesbischof Friedrich Kramer – vor Jahren schwer vorstellbar.
Die Adventisten
Die Wurzeln des anderen ACK-Neumitglieds, der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten (STA), liegen in der Mitte des 19. Jahrhunderts in den USA. Die STA sind eine christliche Gemeinschaft, in deren Glaubensleben die Endzeiterwartung einen besonderen Stellenwert einnimmt. Die Gläubigen bemühen sich zudem um eine gesunde Lebensweise: Sie empfehlen vegetarische Ernährung und lehnen Alkohol, Nikotin, Kaffee und andere Rauschmittel ab. Darüber hinaus kennen die STA einige Sonderlehren.
Ihre Stellung zur Ökumene und damit zur ACK war in den letzten Jahren nicht frei von internen Spannungen. Es gibt durchaus Kräfte, denen z.B. die großen Kirchen zu lau und halbherzig in Glaubensfragen sind, und die daher jede Annäherung kritisch sehen. Bei uns jedoch bemühen sich viele STA schon länger um bessere und intensivere Kontakte.
Die Aufnahme der Apostolischen Gemeinschaft und der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten in die ACK Sachsen-Anhalt stärkt die Ökumene und das Miteinander von Christen in einer weitgehend entkirchlichten Region. Es ist gut, wenn wir zuerst auf den gemeinsamen Glauben an unseren Herrn und Erlöser blicken und erst dann über Differenzen und Unterschiede diskutieren. Man spricht daher von „versöhnter Verschiedenheit“. Dass die einzelnen ACK-Mitgliedskirchen keinen „Einheitsbrei“ darstellen, sondern ihre eigenen Profile behalten, ist völlig richtig. Auch das Neue Testament kennt nicht die eine Einheitskirche, sondern verschiedene Gesichter des einen Weges zu Gott.
Der Autor ist promovierter Theologe, EKM-Beauftragter für Sekten- und Weltanschauungsfragen und Leiter der Ev. Stadtakademie Erfurt.
Der Landesverband der ACK ist eine Institution für multilaterale ökumenische Zusammenarbeit. In ihm haben sich 19 christliche Kirchen und Gemeindeverbünde zum Austausch und zur Koordination gemeinsamer Ziele und Aktionen zusammengeschlossen. Die ACK Sachsen-Anhalt besteht seit 40 Jahren. Vorsitzender ist Pfr. i.R. Jürgen Dittrich.
Autor:Online-Redaktion |
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