Nachgefragt
Ein Motor für das Gemeindeleben
Der schwäbische Pfarrer Steffen Kern ist neuer Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverbandes. Das ist der Dachverband der sogenannten Gemeinschaftsbewegung. Neben traditionellen Kirchengemeinden haben Landeskirchliche Gemeinschaften ein eigenständiges Gemeindeleben entwickelt. Willi Wild hat mit dem Präses gesprochen.
Wozu braucht es heute neben Kirchengemeinden mit immer weniger Mitgliedern noch Landeskirchliche Gemeinschaften?
Steffen Kern: Gerade weil die Mitgliederzahlen sinken, braucht es Gemeinden, die innovativ und grundsätzlich missionarisch ausgerichtet sind, neue Formen anbieten und diakonisch leben. In den Landeskirchlichen Gemeinschaften werden so Menschen angesprochen, die man in der traditionellen Kirchengemeinde nicht erreicht. Ich glaube, dass wir im Zusammenhang mit den kirchlichen Transformationsprozessen Motor und Vorbild sein können.
Die Bibelstunde am Sonntagnachmittag klingt nicht nach Innovation.
Dieses klassische Format gibt es nur noch selten. Inzwischen haben wir eine Fülle anderer Angebote, beispielsweise neue Gottesdienstformen. Wir bieten Bildungsangebote für junge Menschen oder kümmern uns um Geflüchtete. Die biblische Vertiefung ist nach wie vor der Schwerpunkt unseres Wirkens, und auch da gilt es, neue Formen zu finden.
Das unterscheidet Ihren Verband nicht von kirchlichen Angeboten.
Landeskirchliche Gemeinschaften können mitunter flexibler agieren, um sich missionarisch auszurichten oder etwas Neues auszuprobieren. In kirchlichen Strukturen ist man da oft behäbiger. Ich merke in unserem Verband Aufbruchsstimmung und die große Bereitschaft, Neues zu wagen.
Wie stellen Sie sich das Gemeindeleben der Zukunft vor?
Gemeinden müssen zukünftig missionarisch ausgerichtet sein. Damit meine ich, dass das Umfeld in den Blick genommen wird und die ganze Arbeit darauf ausgerichtet sein muss. Die Frage ist: Wie dienen wir den Menschen in unserer Region? Der Bezug zum Gemeinwesen ist entscheidend.
Was motiviert Sie angesichts der eher düsteren Prognosen?
Ich wünsche mir, dass wir als Gnadauer Verband eine Hoffnungsbewegung für unser Land sind. Wir sind eine inzwischen etablierte Institution mit 90 Mitgliedswerken. Jetzt geht es darum, die Dynamik des Evangeliums neu zu gewinnen.
Und ich wünsche mir einen Herzensglauben, der fromm ist, die Seele berührt und zugleich am Puls der Zeit sowie diakonisch ausgerichtet ist. Kurz: Ganz modern und ganz fromm.
Konkurrenz oder Ergänzung – in welchem Verhältnis steht ihr Verband zur evangelischen Kirche?
Wir bewegen uns als freie Werke im Raum der Kirche, aber wir sind frei in Struktur, Finanzen, Ausrichtung und in unseren Entscheidungen. Wir verstehen uns als Ergänzung im Bezug auf einen Glauben, der sich nicht in Ritualen erschöpft. Auch im Zusammenhang mit anderen Formen der Mitgliedschaft haben wir einiges einzubringen. So erreichen wir mit unseren Angeboten Menschen, die keine Kirchenmitglieder sind und sich trotzdem zugehörig fühlen.
Sie waren vor einigen Tagen mit dem Gnadauer Arbeitskreis für die Arbeit mit Kindern zusammen. Welche Impulse haben Sie aufgenommen?
Was ich für wesentlich halte ist, dass wir Kinder nicht verzwecken und als die Zukunft der Kirche bezeichnen. Kinder sind Gegenwart! Kinder sollen bei den Bildungs- und Heimatangeboten Räume der Hoffnung und des Vertrauens finden.
Über die Kinder erreicht man auch die Familien in ihren unterschiedlichen Konstellationen. Deshalb halte ich die Arbeit mit und für Kinder für eine ganz wesentliche innerhalb der Kirche und unseres Verbandes. Es darf dabei nicht darum gehen, Kinder lediglich zu betreuen. Es geht vielmehr um gemeinsame familiäre Erlebnisse sowie um Angebote, die die Kinder fordern, fördern und weiterbringen.
Autor:Online-Redaktion |
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