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Es fehlt nicht nur am Geld
Energetische Sanierung von Heimen

Auch Pflegeheime müssen klimaneutral werden. Dazu ist viel Wissen und noch mehr Geld nötig. An beidem fehlt es oft, sagen Experten. Doch der Druck zum Handeln steigt. | Foto:  Klaus Tschentscher
  • Auch Pflegeheime müssen klimaneutral werden. Dazu ist viel Wissen und noch mehr Geld nötig. An beidem fehlt es oft, sagen Experten. Doch der Druck zum Handeln steigt.
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Auch Pflegeheime müssen klimaneutral werden. Dazu ist viel Wissen und noch mehr Geld nötig. An beidem fehlt es oft, sagen Experten. Doch der Druck zum Handeln steigt.

Von Dirk Baas (epd)

Klaus Tschentscher, Geschäftsführer des diakonischen Seniorenzentrums Wolfhagen, hat Großes vor. Er will sein Heim, das in den ältesten Teilen aus dem Jahr 1966 stammt, von Grund auf sanieren. Drei Millionen Euro waren für besseren Klimaschutz durch die Dämmung von Wänden und Dach, für neue Fenster und Türen sowie für eine andere Heiztechnik kalkuliert. Doch Inflation, höhere Zinsen und rasant gestiegene Baukosten lassen das Projekt deutlich teurer werden. «Die Sache ist alternativlos. Wir können nicht weiter Unsummen an Heizkosten bezahlen. Das ist langfristig zu teuer - sowohl für uns als auch für die Umwelt», sagt Tschentscher.

Das Projekt muss allein durch KfW-Darlehen und Zuschüsse sowie durch eine Bank finanziert werden. Nur wenig Eigenmittel seien vorhanden, sagt der Geschäftsführer - ein Grundproblem für viele gemeinnützige Träger. Zuschüsse von Bund oder Land? Fehlanzeige. 

Längst werden betagte Pflegeimmobilien für die Zukunft fit gemacht. Doch es sind oft nur isolierte Maßnahmen, die vor allem einen Vorteil haben: Sie sind bezahlbar, etwa Zeitschaltuhren und Bewegungsmelder für eine optimierte Beleuchtung oder «kluge» Thermostate an Heizkörpern.

Die Caritas als größter deutscher Wohlfahrtsverband hat beschlossen, bis 2030 klimaneutral zu sein. Doch längst nicht überall wurde schon «die Veränderungstiefe sowie die erforderliche Geschwindigkeit hin zur Klimaneutralität erkannt», heißt es in der Fachzeitschrift «neue caritas». Das dürfte sich jetzt ändern. Denn heißere Sommer in Kombination mit steigenden Energiepreisen als Folge des Krieges in der Ukraine erhöhen den Druck.

Zudem will die Europäische Union bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Dazu müssen ab 2026 auch viele Träger aus der Sozialwirtschaft Kenndaten zur Nachhaltigkeit vorlegen. Ohne diese Berichte gibt es am Kapitalmarkt kein oder nur teures Geld für Modernisierung oder Neubauten - ein kaum zu überschätzendes Problem. «Der Kapitalmarkt wird zum Hebel für das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele», betont die Leiterin der Projektberatung Sozialimmobilien bei der BFS Service GmbH, Anja Mandelkow.

Pflegeheime bieten ein großes Potenzial zum Sparen von CO2. Nach Angaben aus dem Bundeswirtschaftsministerium liegen die durchschnittlichen CO2-Emissionen pro Pflegeplatz in einem Heim bei etwa 7,4 Tonnen im Jahr - und das Einsparpotenzial beträgt rund 15 Prozent davon. Durch Modernisierungen in sämtlichen Heimen könnten also mehr als 900.000 Tonnen CO2 jährlich eingespart werden, so das Ministerium.

Ob und welche Maßnahmen für eine Einrichtung möglich und sinnvoll sind, muss mittels professionellem Klimamanagement ermittelt werden. Auch hier liegt laut Experten noch viel im Argen.

Bei der Finanzierung sehen die Sozialverbände die Politik in der Verantwortung: «Wünschenswert sind gezielte Förderungen von energetischen Maßnahmen, die zum Beispiel als dauerhaft und niederschwellig abrufbare Gelder in den Kommunen zur Verfügung stehen», sagt Eva-Maria Güthoff, Vorsitzende des Verbandes katholischer Altenhilfe in Deutschland.

Zum Anschieben des Klimaschutzes hat das Bundesumweltministerium 2020 das Förderprogramm «Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen» mit einem Volumen von 150 Millionen Euro aufgelegt. Doch große Geldsummen gibt es hier in der Regel nicht. «Gefördert werden sowohl strategische Beratungsleistungen und die Erstellung umfassender Konzepte als auch investive Maßnahmen und Informationskampagnen», erklärt die zuständige Zukunft - Umwelt -Gesellschaft (ZUG) gGmbH in Berlin. 

Dennoch sei die Resonanz auf das Förderprogramm enorm gewesen, berichtet das Ministerium. 2021 wurden 192 Anträge bewilligt. Und weil der Unterstützungsbedarf groß bleibe, soll das Förderprogramm nach 2023 fortgesetzt werden. 

 

Klimaschutz: Diakonie und Caritas agieren gemeinsam 

Berlin (epd). Der «Plan B» wird nun doch nicht gebraucht: Nachdem das Bundesministerium für Wirtschaft im Juli zunächst die Finanzierung für einzelne «innovative Klimaschutzprojekte» gestrichen hatte, kam doch die Kehrtwende. Nun kann, wenn auch mit deutlicher Verspätung, das Projekt «Klimaschutz in Caritas und Diakonie» an den Start gehen.
Damit wollen die beiden kirchlichen Wohlfahrtsverbände möglichst viele ihrer Einrichtungen und Dienste so schnell wie möglich klimaneutral machen.

Seit Ende 2020 arbeiten Caritas und Diakonie an dem Projekt, für das bereits vor dem vorübergehenden Förderstopp 100 Piloteinrichtungen ausgesucht wurden. Das Ministerium gibt Gelder für die Nationale Klimaschutzinitiative, aus der die finanzielle Förderung kommen soll. Die Mittel sind dazu gedacht, an den Standorten Klimaberaterinnen und -berater auszubilden und ein Klimamanagement einzuführen. Zudem sollen Handlungsleitlinien für die Bereiche Immobilien, Mobilität und Beschaffung erarbeitet sowie eine abgestimmte Klimaschutz-Strategie in Caritas und Diakonie entwickelt werden.

Eigentlich sollte das auf drei Jahre angelegte Programm schon im Juli starten, doch noch ist offen, wann es wirklich losgehen kann. «Aktuell befinden wir uns immer noch im Antragsstellungsverfahren, nachdem der Förderstopp aufgehoben worden ist», sagt Christopher Bangert, Leiter des Referats Sozialwirtschaft der Caritas: «Der Ausgang und insbesondere der Starttermin ist also immer noch ungewiss.» Das Projektkonzept sei unverändert. Er gehe davon aus, dass die meisten Pilotstandorte dabei bleiben.

Caritas und Diakonie gehören laut Bangert zu den großen Immobiliennutzern, denen auch viele Gebäude gehören. «Es handelt sich überwiegend um energieintensive Gebäude, bei denen mit Modernisierungsmaßnahmen oftmals erhebliche CO2-Reduktionen und Energieeinsparungen möglich wären», sagt er. Deshalb brauche es für beide Verbände einen ganzheitlichen Vorstoß, «der auf die Veränderung von Bewusstsein, Strukturen, Abläufen und Finanzierungsmöglichkeiten abzielt und in die ganze verbandliche Breite wirkt».

Beide Verbände setzen auf eine bundesweite Gesamtstrategie. Ziel sei unter anderem die Einführung eines Klimamanagements auf Einrichtungsebene. In je 50 Einrichtungen von Caritas und Diakonie sollen im Rahmen des Projekts die entsprechenden Prozesse erprobt werden.

Autor:

Katja Schmidtke

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