Besuch bei den Siebenten-Tags-Adventisten
Gottesdienst im Stehen
Die Arche blieb in ruhigem Fahrwasser. Den Steppke interessierte weder die Predigt, noch ließ er sich vom Gesang oder anderen Kindern stören. Er saß auf dem Fußboden bei seinen Eltern und spielte versunken mit Noahs Arche.
Von Renate Wähnelt
Dabei war es im Gottesdienst bei aller Andacht keineswegs mucksmäuschenstill. Einige Kinder gingen hinaus und kamen wieder herein. Auch erwachsene Mitglieder der Magdeburger Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten verließen ihren Platz, gingen einen Schluck trinken und kehrten zurück. Ich erlebe einen normalen, lebendigen Gottesdienst.
Es wird viel gesungen. Und dafür steht man auf. Da singt es sich auch viel besser als im Sitzen. Der Liedtext wird groß und gut lesbar hinter dem Pult an die Wand projiziert. Beate Grellmann, Mitglied der Gemeindeleitung und diesmal mit der Gottesdienstleitung betraut, hat ebenso wie alle anderen keine Probleme mit Mikrofon und Lautsprecher, keine Rückkopplung, ihre Begrüßung klingt natürlich und fröhlich in den Raum. Begrüßung und viel Gesang und dann, auf Bitten der Geschwister, wieder eine "Erfahrungsstunde". Berührend-persönliches Erzählen, dass Gott Wunder tut, immer noch, erlebbar: Der Verwandte hat sich taufen lassen, was nie zu erwarten war. Das Auto kommt auf vereister Straße glücklich in einer Schneewehe zum Stehen. Nach einer knappen Stunde teilt sich die Gemeinde in Gruppen und auf verschiedene Räume im großen Adventhaus auf; das Grundstück konnte die Gemeinde in den 1950er-Jahren kaufen, enttrümmern und bebauen. Der Bibelkurs startet, Teil jedes Gottesdienstes. Heute geht es um Jakob und Esau; das gibt das Studienheft vor, das weltweit für alle Gemeinden der Siebenten-Tags-Adventisten erscheint. So können sie sich Sabbat für Sabbat weltweit miteinander verbunden fühlen im Reden über dieselben Bibelstellen. Gemeindevorsteher Gerhard Grellmann fragt in" meiner" Runde nach Schuld, wie sie Jakob auf sich lud. Reihum tauschen wir Gedanken aus. Immer neue Impulse gibt Gerhard Grellmann, bis wir – wieder nach einer knappen Stunde – zurückkehren in den Gemeindessaal.
Der wird jetzt deutlich voller, vor allem mit Familien. Gerhard Grellmann schmunzelt. Das sei meist so, weil sich viele morgens gern Zeit lassen. Dann wird wieder viel gesungen, ehe Pastor Marc-Aurel Nerlich predigt. Zwischendurch geht die Spendenbox herum. Aus Einnahmen wie diesen speist die Gemeinde ihren eigenen Haushalt.
Ein offenes Haus haben die Magdeburger Adventisten. Willkommen ist, wer kommt. Zur Gemeinde gehörten einige Ukrainer, die nach dem Ausbruch des Krieges Freunden und Verwandten halfen, so dass in der Gemeinde jetzt so viele Geflüchtete sind, dass sie Gottesdienste auf ukrainisch hält. Die Hilfe reicht weiter bis zur Begleitung beim Finden und Einrichten von Wohnungen, beim Fuß fassen nach der Flucht. Aber auch im deutschsprachigen Gottesdienst sitzen einige Familien, die untereinander oder mit ihren Kindern ukrainisch sprechen.
Das Gemeindehaus soll noch mehr Treffpunkt werden, auch für Nichtmitglieder der Gemeinde. Das Projekt N-Joy, ebenso wie die Gemeindeleitung rein ehrenamtlich getragen, lädt Jugendliche ein zum Kochen und Backen, Spielen und Reden – gern auch über Gott und Jesus Christus. Noch ist der Zulauf von Menschen außerhalb der Gemeinde klein, aber das gemeinsam mit der Stadt Magdeburg gestartete Projekt läuft auch erst zwei Monate, erzählt sein Leiter Peter Bulengela zuversichtlich.
Autor:Online-Redaktion |
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