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Rezension
Neue Freiheit: Die Leichtigkeit des Neins

Foto: echter verlag

Das Motto der evangelischen Fastenaktion lautet 2024: „Komm rüber! Sieben Wochen ohne Alleingänge!“. Friederike Hempel war bis Ende vergangenen Jahres Gemeindepädagogin in Erfurt und hat auch Fastenwochen angeboten. Mit dieser Expertise schrieb sie ein kleines Fastenbüchlein, das zu Alleingängen ermutigt.

Von Christian Dietrich

Hier wird kein Fasten beschrieben, das als Begleitung des Freiheitskampfes eines vom Untergang bedrohten Volkes das Gebet unterstützt, wie es Juden jedes Jahr vor dem Purimfest (dieses Jahr am 21. März) praktizieren. „Die Leichtigkeit des Neins“ meint den Verzicht auf feste Nahrung für eine bestimmte Zeit, ganz für mich.

Dieses Fasten wird nicht als eine Form des Leidens beschrieben, sondern eher, wie Jesus seinen Nachfolgern das Fasten empfahl, als ein Fest: „salbe dein Haupt und wasche dein Gesicht“ (Matthäus 6,17). So ist das Fastenbrechen immer schon Teil des Fastens, als würde die Auferstehung dem Leiden zuvorkommen.

In diesem Buch aus dem katholischen Verlag für religiöse Literatur wird Gott nicht erwähnt und auch keine Bibelstelle zitiert. Hier heißt es „Fasten ist Loslassen. Sätze, die mich seit meiner Kindheit begleiten.“ Im Paradigma der Individualisierung steht der persönliche Entschluss im Zentrum: der Entschluss zum Nein und die Erfahrung, mit diesem befristeten Nein zur Nahrungsaufnahme nicht zu verhungern.

In klarer Sprache und anschaulichen Bildern beschreibt die Autorin, wie der Entschluss seine eigene Dynamik entfaltet. Sie setzt dabei in mystischer Tradition Körper und Seele in Beziehung und stellt fest, dass die Seele nur empfangen kann, wenn sie sich leer gemacht hat. Im Bild der Reise und den erzählten Urlaubserfahrungen wird dabei deutlich, „Leerwerden“ ist nichts Passives. Es ist keine Demutsübung, sondern eher eine Form des sich Bescheidens.


"Auch wenn vieles plausibel klingt, mit menschlicher Logik ist die Verwandlung nicht zu erfassen"

Doch die poetische Sprache stimmt einen hohen Ton an und nennt diese Einfachheit revolutionär. Jenseits des Konsums lässt sich der Reichtum des Lebens entdecken. Weil Fasten dünnhäutig macht, „in jeder Hinsicht“, lässt es das Leben neu feiern. Der Prophet Jesaja wusste, wahres Fasten löst ungerechte Fesseln und lässt jedes Joch zerbrechen (Jesaja 58,6).

Auch wenn vieles plausibel klingt, mit menschlicher Logik ist die Verwandlung nicht zu erfassen. So stellt die Autorin dann fest: „Die neue Freiheit ist vielleicht das größte Geheimnis des Fastens.“ Auch dieses Jahr werden einige zu Ostern zugleich ihr Fastenbrechen begehen. Ob sich ein „Gefühl der inneren Freiheit“ einstellt, ist nicht vorhersehbar. Aber die Sehnsucht danach, die kann das Büchlein wecken.

Es ist eine freie Entscheidung. Immer gibt es Menschen in der Nähe, die nicht mitfasten, wie die Kinder der Autorin, denen die Autorin das Büchlein widmete. Solche „Alleingänge“ machen aber nicht einsam. So ist das Büchlein auch etwas für Menschen, die (noch nicht) fasten. 

Hempel, Friederike: Die Leichtigkeit des Neins. Wie Fasten dabei hilft, Krisen zu bewältigen, Echter Verlag, 80 S., ISBN 978-3-429-05943-9; 9,90 Euro

Autor:

Online-Redaktion

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