Leben in schwierigen Zeiten
Nur Mut! Nur Mut?
Klimakrise, Krieg in der Ukraine und Corona-Pandemie erschüttern unsere Welt. In einer Zeit, in der Energiemangel, Inflation und Sorge um den Frieden so vielen Menschen Sorgen bereiten, betiteln wir unseren Gemeindebrief mit „Nur Mut!“. Kann das gutgehen?
Von Simone Lackner-Becker
(Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde "Zu den Barfüßern" Augsburg)
„Klar, ihr seid Kirche, ihr müsst ja Mut und Zuversicht predigen“, wird sich nun manch eine und einer denken. Und ja, trotz alledem! Synonyme für Mut sind Wagemut und Beherztheit; das bedeutet, ich bin fähig und willens, etwas zu wagen, ich traue mich, mich in unsichere, unvorhersehbare Situationen zu begeben.
Die Geschichte unserer Kirche(n) ist geprägt von mutigen Menschen.
Gehen wir ein bisschen mehr als 800 Jahre zurück, so treffen wir hier in Augsburg um 1220 auf einige Mönche, die den beschwerlichen Weg von Assisi über die Alpen hinter sich gebracht hatten, sicherlich dementsprechend aussahen, der Sprache nicht mächtig waren und sich hier gerne niederlassen wollten. Von Stadt und Bischof abgewiesen, machten sie sich unverrichteter Dinge wieder auf den Heimweg. Sicherlich enttäuscht und entmutigt. Doch als Franziskus beim Pfingstkapitel 1221 fragte, wer seiner Brüder denn für einen zweiten Versuch bereit wäre, fanden sich nicht wenige, die es wagen wollten.
Fast 30 Franziskaner machten sich also wiederum mutig und beherzt auf - und siehe da, dieses Mal waren Stadt und Bischof ihnen wohl gesonnen. Sie bekamen einen Platz zugewiesen und dort entstand das erste Franziskanerkloster jenseits der Alpen dort, wo noch heute die Barfüßerkirche daran erinnert. Von hier aus verbreitete sich die Franziskanische Idee über den Rest Europas.
So wie Franz von Assisi auf seine Art die Kirche von innen reformieren wollte, tat es ihm ein uns wohl bekannter Reformator nach: Gehen wir ziemlich genau 504 Jahre zurück, begegnen wir hier in Augsburg im Oktober 1518 dem Mönch und Theologieprofessor Martin Luther. Hier sollte er auf dem Reichstag vor Kardinal Cajetan seine 95 Thesen widerrufen – was er nicht tat! Mutig, in einer Zeit, in der Häretiker und Ketzer verfolgt, gefoltert und getötet wurden. Der angeblich von Luther vor dem Wormser Reichstag 1521 gesprochene Satz: „Hier steh‘ ich nun und kann nicht anders!“, unterstreicht diesen Mut noch. Den darauf folgenden Lauf der Geschichte kennen wir alle.
"MUTIG BEKENNEN - FRIEDLICH STREITEN", das Motto des Reformationsjubiläums 2017 nahm Bezug auf die Confessio Augustana von 1530. Immer wieder finden wir auch in unseren Tagen Menschen, die das leben. Denken wir nur an die mutigen Proteste im Iran gegen das autoritäre Regime nach dem Tod Masha Aminis. Unter dem Leitspruch "Frau, Freiheit, Leben" gehen vorwiegend junge Menschen dort auf die Straßen und riskieren Haftstrafen und, im schlimmsten Falle, Todesurteile.
Los lassen und den ersten Schritt tun
Und wir, heute und hier? Zum ersten Mal sind weniger als 50 Prozent der Menschen in Deutschland Mitglieder einer christlichen Kirche. Die Zahl der Menschen, die noch einen Bezug zur Kirche haben, sinkt seit Jahren, so wie auch die Zahl derer, die sich in der Kirche, beruflich und ehrenamtlich engagieren. Immer wieder haben wir im Gemeindebrief über den Dekanatsentwicklungsprozess berichtet. Nun machen sich sieben Gemeinden in Augsburgs Mitte zusammen auf den Weg. Manches wird schon seit längerem gemeinsam gemacht, vieles wird neu entstehen und erfordert Mut und Beherztheit.
Sich von Liebgewonnenem und Gewohntem zu verabschieden wird weh tun. Sich auf Neues, Ungewohntes einzulassen ist vielleicht nicht immer ganz einfach. Loslassen und den ersten Schritt zu tun erfordert oft den meisten Mut. Wir gehen gemeinsam, als Christen, als Gemeinden, als beherzte mutige Menschen. Also - nur Mut!
Autor:Online-Redaktion |
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