Depression
Probleme in der Dauerschleife
Die Zahl der Menschen, die an psychischen Erkrankungen leiden, steigt. Zeit, das Thema aus der Tabuzone zu holen, findet ein Nachwuchs-Filmteam aus Jena.
Von Beatrix Heinrichs
Das kennt jeder: An manchen Tagen, da will die Sonne nicht aufgehen, obwohl sie vorm Fenster taghell strahlt. Nichts macht Spaß, die Stimmung ist am Tiefpunkt. Und auch das zeigt die Erfahrung: Meist ist die Trübsal nur von kurzer Dauer, die Laune bald besser. Wenn sich aber über eine lange Zeit bleierne Erschöpfung und negative Gedanken breitmachen und sogar nachts den Schlaf kosten, dann kann eine Depression dahinterstecken.
Thema immer relevanter für Jugend
Depressionen gehören zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere am meisten unterschätzten psychischen Erkrankungen. Die Deutsche Depressionshilfe gibt an, dass jeder fünfte bis sechste Erwachsene in Deutschland im Laufe seines Lebens eine Depression entwickelt. „Das Thema wird für uns immer relevanter. Auch ich kenne junge Menschen, die davon betroffen sind“, sagt Silas Weitsch.
Nicht das erste Filmprojekt
Der Jenaer Schüler ist Hobby-Filmemacher und dreht in den Sommerferien gemeinsam mit Freunden und Mitschülern einen Kurzfilm, der sich mit der Erkrankung auseinandersetzt. Erzählt wird die Geschichte, die das schwierige Thema Depression dem Zuschauer näher bringen will, aus Sicht dreier Jugendlicher. Obwohl man bereits kurz dem Ende der Dreharbeiten stehe, habe das Filmprojekt derzeit noch keinen finalen Titel, verrät Silas Weitsch.
Das Drehbuch dazu hat der 17-Jährige gemeinsam mit Ava Bätz verfasst. Für die beiden Schüler ist es nicht der erste Film. Ende vergangenen Jahres feierte mit „Silver Lining“ Silas Weitschs Neuinterpretation der Weihnachtsgeschichte im Jenaer Schillerhofkino Premiere. Knapp ein Jahr lang hatte er mit seinen Freunden aus der Jungen Gemeinde des Nord-Sprengels an der Umsetzung gearbeitet. Für sein erstes großes Filmprojekt habe er von der Kirchengemeinde auch viel Unterstützung erfahren, sagt er.
Wenn Fiktion auf Fakten trifft
Während bei "Silver Lining" die biblische Vorlage den Rahmen vorgegeben habe, sei nun das Interesse groß gewesen, eine eigene Idee umzusetzen. "Auch wenn es eine fiktive Geschichte ist, war uns wichtig, dass fachlich alles richtig ist. Darum haben wir das Drehbuch auch von einer Therapeutin prüfen lassen und viele Tipps bekommen", erklärt Silas Weitsch. Zuständig für die Hintergrundrecherche war Ava Bätz.
Sie hat auch die Tagebuchtexte verfasst, die die Filmgeschichte aus dem Off begleiten und die Handlung vorantreiben. "Ich habe mit Freunden und auch mit Betroffenen gesprochen", erzählt sie. Das Thema beschäftige viele. "Das Schreiben ist mir nicht immer leichtgefallen. Das kann einen schon ganz schön runterziehen."
Wie sich Gefühle auf einfangen lassen
Mit ihrem neuen Projekt wagen sich die jungen Filmemacher an ein unwegsames Terrain: Gefühle. Die sind oft schwer zu fassen, manchmal widersprüchlich und nicht immer nachvollziehbar. Das filmisch darzustellen, sagt Silas Weitsch, sei eine Herausforderung gewesen. „Wir wollten bei den Fakten bleiben, aber keine Doku drehen. Der Zuschauer soll sich schon in die Charaktere hineinversetzen können.“
In seinem Kurzfilm "Problem. Answer. Repeat", der auch über Youtube abrufbar ist, hat Silas Weitsch schon Techniken ausprobiert, die die Emotionen der handelnden Personen transportieren können. Besonders stolz sei er auf eine Szene, die versucht, eine Panikattacke zu visualisieren. Dafür hatte er zunächst ein wackelndes Bücherregal gefilmt und das Video dann per Beamer in eine Szene integriert. „Ich wollte einen ähnlichen Effekt, wie ihn Christopher Nolan in ›Oppenheimer‹ einsetzt." In dem Hollywood-Film gebe es surreale Szenen, die dem Zuschauer das Innenleben der Hauptfigur auf beklemmende Weise näherbringen.
Das Thema Depression aus der Tabuzone zu holen und für einen offenen Umgang mit der Krankheit zu sensibilisieren, das beabsichtigt das 12-köpfige Filmteam. Denn als Selbstzweck sei das Projekt nicht gedacht.
Film könnte an Schulen gezeigt werden
"Ich könnte mir schon vorstellen, dass der Film zu Unterrichtszwecken gezeigt wird oder in der Schulsozialarbeit eingesetzt werden kann", hofft Silas Weitsch. "Wir wollen zeigen, wie wichtig es ist, mit solchen Problemen nicht allein zu bleiben", sagt Ava Bätz. "Manchmal fällt es vielleicht schwer, sich den Eltern anzuvertrauen. Aber es ist wichtig, darüber zu sprechen und sich Hilfe zu suchen. Es gibt Wege, um da herauszufinden."
Autor:Beatrix Heinrichs |
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