Menschen
Wenn sich Gott auf Absprachen einlässt
Vor rund zehn Jahren hat Elke Röschke ihre Passion gefunden: Seitdem ist sie im Lektorendienst der EKM aktiv. "Mich begeistert daran der Austausch mit anderen Menschen, die von ihren Erlebnissen mit Gott berichten", erzählt die 52-Jährige aus Bad Lauchstädt im Kirchenkreis Merseburg.
Von Oliver Gierens
Gerade bei Weiterbildungen begegne sie unterschiedlichen Menschen – und stellt oft fest, dass viele einen ähnlichen Glaubensweg haben wie sie selbst.
Denn Elke Röschke ist relativ spät zum Glauben gekommen. 1998 entschied sie sich nach einigen Schicksalsschlägen für die Taufe. "Mein Vater starb sehr früh, schon mit Anfang 50. Und bei meinem Mann und mir hat es zunächst mit dem Kinderwunsch nicht geklappt." Da erinnerte sie sich an den Glauben, den ihre Großmutter ihr vorgelebt hatte. "Meine Oma war gläubig. Sie hatte eine Bibel und ein Gesangbuch, da habe ich ab und zu mal hereingeschaut, manchmal auch gebetet." Aber ein Kirchenbesuch kam für sie damals nicht in Betracht. "Zu DDR-Zeiten war das nicht gern gesehen."
Die Vorfahren waren evangelisch oder katholisch, hat sie später herausgefunden. Ihre Eltern allerdings waren nicht mehr kirchlich, sondern "in der Partei", wie es damals hieß – und hatten mit Gott und Kirche nichts am Hut. "Da gab es dieses Thema nicht. Ich wurde nach DDR-Maßstäben erzogen, war zum Beispiel bei den Pionieren". Der Glaube, Taufe oder Konfirmation gehörten nicht dazu.
"Wann es dann bei mir mit dem Glauben angefangen hat, kann ich gar nicht so genau sagen". Doch schließlich machte sie einen entscheidenden Schritt auf Gott zu. "Da habe ich eine kleine Absprache mit Gott getroffen, dass ich den ersten Schritt zum Glauben mache. Ich habe gesagt: 'Lieber Gott, ich lasse mich jetzt taufen – und dann gibst Du den Rest dazu.'"
Gesagt, getan – und weitere Schritte sollten folgen: Ein Jahr nach ihrer Taufe bekam sie Zwillinge, die beiden Söhne sind heute 24 Jahre alt.
"Gott ist wie ein Freund, er ist immer da, das spüre ich. Gott ist gegenwärtig"
Seitdem hat sie im Glauben immer wieder Trost gefunden – und mehr als das. Lebenskrisen brachten sie näher zu Gott. "Andere treten dann aus der Kirche aus und entfernen sich vom Glauben, aber meine Tiefpunkte haben mich mehr zu Gott hingebracht." Sie bete intensiv, wenn sie in einer schwierigen Lage sei. Da gehöre auch eine Portion Gottvertrauen dazu, und das gehe nur, wenn man fest im Glauben stehe. „Gott ist wie ein Freund, er ist immer da, das spüre ich. Gott ist gegenwärtig." Wie sie das spürt, kann sie gar nicht so genau sagen. "Manchmal ist es ein Lied oder ein Satz, der mich anspricht. Das lässt sich schwer in Worte fassen."
Die "insgeheime Absprache mit Gott" in punkto Familienplanung war damals der entscheidende Moment auf ihrem Glaubensweg. "Gott hat auf mich gewartet. Er hat mich das ganze Leben begleitet und mir dann den Anstoß gegeben, als die Zeit da war."
Ihre Berufung fand sie einige Jahre später. Eigentlich dachte sie an ein Studium im Kirchlichen Fernunterricht (KFU). Doch das ließ sich zeitlich nicht mit ihrer Arbeit als Verbundzustellerin bei der Post vereinbaren. 2014 begann sie eine Ausbildung zum Lektorendienst. Seitdem ist sie als Lektorin im Kirchenkreis Merseburg aktiv. Diese Arbeit lasse sie immer mehr im Glauben wachsen. "Je mehr Begegnungen ich habe, desto mehr bekomme ich immer neue Inspiration. Durch den Austausch mit anderen Menschen hinterfrage ich meinen eigenen Glauben – und ich lerne natürlich viel in der Gottesdienstvorbereitung."
Auch der besondere Blickwinkel bei der Gestaltung der Gottesdienste, den ein Pfarrer so nicht habe, reizt sie an ihrer Arbeit als Lektorin. "Wir bringen eine andere Sichtweise ein, da wir alle berufstätig sind. Wir packen unsere Lebenserfahrung in den Gottesdienst hinein, zum Beispiel, wenn jemand im Hospizdienst arbeitet oder in der Altenpflege." Gerade in kleinen Gemeinden erlebe sie oft, dass es bei Vakanzen keine Gottesdienste gibt. Da können die Lektoren Abhilfe schaffen. "Wir haben die Befähigung, Menschen vom Glauben zu erzählen."
Ihr Mann, der selber kein Christ ist, unterstützt sie bei ihrem ehrenamtlichen Dienst . "Er hält mir den Rücken frei, wenn ich an Wochenenden unterwegs bin oder Zeit brauche für die Gottesdienstvorbereitung." Ihre beiden Söhne, die nach der "kleinen Absprache mit Gott" geboren wurden, hadern mit Glauben und Kirche. "Es ist eine schwierige Phase, wenn sie als Jugendliche keinen haben, bei dem sie andocken können." Doch auch hier gibt sie die Hoffnung nicht auf. "Ich habe nie gesagt, ihr müsst. Sie haben sich selbst für die Konfirmation entschieden. Wenn sie das in ihrem Herzen tragen, wird das irgendwann zum Vorschein kommen."
Autor:Oliver Gierens |
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