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Kirche fremdelt oft mit Streitkräften
Wozu braucht es die Militärseelsorge?

Militärbischof Bernhard Felmberg | Foto: epd-bild/Christian Ditsch
  • Militärbischof Bernhard Felmberg
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Die Militärseelsorge hat in der EKD eine Ausnahmestellung. Sie umfasst 104 Pfarrämter, vier Dekanate, ein Kirchenamt und einen Militärbischof. Trotzdem wird dieser Arbeitsschwerpunkt im kirchlichen Bereich oft nicht wahrgenommen. Militärbischof Bernhard Felmberg erklärt im Gespräch mit Paul-Philipp Braun, woran das liegt, und welche Herausforderungen er sieht.

Wozu braucht es die Militärseelsorge?
Bernhard Felmberg: Oft ist es für Bun-deswehrangehörige schwer, am Gemeindeleben an ihrem Familien-Wohnort teilzunehmen und dort Seelsorge zu erfahren. Sie leisten Dienst in entlegenen Kasernen oder auf Übungsplätzen, arbeiten manchmal weit entfernt vom eigentlichen Wohnort, sind im Dienst in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt – ganz besonders natürlich in den Bundeswehr-Einsätzen. Da ist es gut, dass Geistliche direkt bei den Soldaten sein können, denn das ist ein besonders herausfordernder Beruf. Zudem haben Soldatinnen und Soldaten ganz besonders existen-zielle Fragen und Erlebnisse. Militärgeistliche kennen diese, weil sie täglich da-bei sind.

Was sind Ihre Schwerpunkte als Militärbischof?
Unsere Kernaufgaben als Militärgeistliche bestehen darin, Soldatinnen und Soldaten zu begleiten, sie seelsorgerisch zu ermutigen, das Wort Gottes zu verkündigen und den Bundeswehrangehörigen auch in ethischen Fragen Orientierung zu geben. Letzteres geschieht vor allem im Lebenskundlichen Unterricht. Es ist der berufsethische Unterricht in der Bundeswehr, der durch Militärgeistliche erteilt wird. In diesen Themen engagiere ich mich hauptsächlich als Bischof.
Außerdem bin ich gefragt, die Rahmenbedingungen für die Arbeit unserer Geistlichen sicherzustellen und zu verbessern; dafür setze ich mich im kirchlichen und im politischen Bereich ein. Darüber hinaus nehmen wir zu friedensethischen Fragen Stellung. Ein weiterer Schwerpunkt ist zurzeit die Weiterentwicklung digitaler Kommunikationsformate. Hiermit erreichen wir auch Soldaten, die sonst nicht regelmäßig zur Kirche gehen.

Wie ist es um die Militärseelsorge in den Gliedkirchen der EKD bestellt?
Seelsorge in der Bundeswehr ist eine Gemeinschaftsaufgabe aller Gliedkirchen der EKD. Dafür haben wir eine eigene Struktur. Diese Arbeit ist nur möglich, weil die Landeskirchen Seelsorger für diese Aufgabe freistellen. In der Regel kommen sie für sechs bis zwölf Jahre zur Militärseelsorge.
Gerade jetzt, wo manche Beobachter berichten, dass es schwieriger wird, Pfarrstellen zu besetzen, bin ich sehr dankbar für die guten, hochqualifizierten und motivierten Geistlichen, die von den Landeskirchen zu uns kommen.

Wo sehen Sie Veränderungsbedarf, und wo wünschen Sie sich noch mehr Unterstützung?
Wenn ich Soldaten nach ihren Erfahrungen mit der Kirche frage, wünschen sie sich oft mehr Empathie. Manche kirchlichen Milieus fremdeln mit den Streitkräften, die unser demokratisches Gemeinwesen unterhält, und scheinen ihren Soldaten eher ablehnend gegenüberzustehen. Das kränkt unsere Gemeindeglieder, wenn sie den Eindruck gewinnen, von der Gesellschaft einerseits eine gefährliche Aufgabe übertragen zu bekommen und andererseits alleingelassen zu werden.
Innerkirchlich wird die Militärseelsorge meiner Wahrnehmung nach oft unterschätzt. Dabei hat gerade dieser kirchliche Arbeitsbereich so wunderbare Kontakte zu jungen Leuten, die sonst wenig Berührungspunkte mit dem Leben in den Kirchengemeinden haben.

Die Rolle der Bundeswehr war in der deutschen Bevölkerung immer umstritten. Was bedeutet dies für die Militärseelsorge?
Soldatinnen und Soldaten wollen als Menschen wahrgenommen werden, nicht als friedensethische Streitobjekte. Wenn sie das Gefühl haben, auf eine umstrittene Aufgabe reduziert zu werden, schotten sie sich verständlicherweise ab. Wer länger als Seelsorger in der Bundeswehr ist, bekommt viel Frust und Enttäuschung über die Kirche zu hören. Wir ermutigen Soldaten, sich in das gesellschaftliche und kirchliche Leben einzubringen.

Autor:

Online-Redaktion

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