Blickwechsel
Bangladesch: Zehn Jahre nach Rana Plaza
Zehn Jahre nach dem verheerenden Fabrikeinsturz von Rana Plaza nutzen Menschen- und Arbeitsrechtsorganisationen das neue deutsche Lieferkettengesetz, um gegen anhaltende Sicherheitsmängel in der Textilindustrie in Bangladesch vorzugehen.
Von Silvia Vogt
Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle reichten die Frauenrechtsorganisation Femnet, das Europäischen Zentrum für Verfassungs- und Menschenrechte (ECCHR) sowie die bangladeschische Gewerkschaft NGWF eine Beschwerde gegen die Unternehmen Amazon und Ikea ein.
Zehn Jahre nach der Katastrophe von Rana Plaza produzierten noch immer Fabriken in Bangladesch, in denen es kaum Sicherheitskontrollen gebe, Textilwaren für internationale Konzerne wie Amazon und Ikea, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Eine Beschwerde in Deutschland ist den Angaben nach unter dem in Januar in Kraft getretenen Lieferkettengesetz gegen Unternehmen möglich, die mehr als 3000 Beschäftigte in Deutschland haben. Beim Einsturz des Textilfabrikgebäudes Rana Plaza waren am 24. April 2013 mehr als 1100 Menschen ums Leben gekommen und viele weitere Arbeiterinnen verletzt und in der Folge zum Teil dauerhaft arbeitsunfähig geworden.
Die erste derartige Eingabe an das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle basiere auf einer Recherche von NGWF im März, bei der Sicherheitsmängel wie fehlende Inspektionen, aber auch andere Arbeitsrechtsverletzungen wie mangelnde Gewerkschaftsfreiheit festgestellt worden seien, erklärten Femnet und ECCHR. «Jetzt ist es an der Zeit, das deutsche Gesetz dafür zu nutzen, solche Unternehmen, die nicht freiwillig Verantwortung für die Menschen in ihren Lieferketten übernehmen wollen, endlich dazu zu verpflichten», sagte die Femnet-Vorstandsvorsitzende Gisela Burckhardt.
Die Beschwerde richtet sich demnach gegen das ausstehende Unterzeichnen des Abkommens für Gebäudesicherheit und Brandschutz, das nach dem Rana-Plaza-Unglück ausgehandelt wurde, oder dessen Nachfolgevertrages. «Wir sind davon überzeugt, dass die Nichtunterzeichnung eine Verletzung der Sorgfaltspflicht von Unternehmen darstellt», betonte die Juristin Miriam Saage-Maaß.
Auch die IG Metall fordert, internationale Unternehmen stärker in die Verantwortung zu nehmen und die Rechte von Beschäftigten weltweit wirksam zu schützen. «Der 24. April ist nicht nur Tag der Erinnerung an den Fabrikeinsturz in Bangladesch, sondern auch Tag der Kritik an der Verantwortungslosigkeit und Ignoranz vieler Unternehmen: gegenüber lebensbedrohlichen Arbeitsbedingungen, Armutslöhnen, durch sie verschuldete Umweltkatastrophen und Repressalien gegen Gewerkschaften in globalen Lieferketten», erklärte Wolfgang Lemb, geschäftsführendes Vorstandmitglied der IG Metall. Eine wirksame europäische Regelung sei nötig. Das deutsche Lieferkettengesetz sei zwar ein wichtiger Schritt, reiche aber nicht aus.
(epd)
Autor:Praktikant G + H |
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