Religionsfreiheit
Betet für uns!
Das Menschenrecht wird bei uns vom Staat geschützt. Das steht nicht nur im Grundgesetz, sondern ist bundesdeutsche Realität. Im Gegensatz zu anderen Staaten.
Von Willi Wild
Es ist der Hintergrund zu unserem Zeitungstitel: Flucht und Vertreibung aus religiösen Motiven. Die 1910 verfasste Tragödie „Glaube und Heimat“ von Karl Schönherr spielt zur Zeit der Gegenreformation. Die protestantischen Bauern Tirols müssen sich entscheiden zwischen dem Auszug aus der Heimat und der Rückkehr zum katholischen Glauben. Ab etwa 1600 wanderten Protestanten aus Österreich aus. Ihre Zahl wird auf bis zu 200 000 geschätzt. Einige kamen auch in und durch das Verbreitungsgebiet der Kirchenzeitung. Das veranlasste Vikare vor 100 Jahren, der regionalen Kirchenpresse den Namen „Glaube und Heimat“ zu geben.
Christenverfolgung ist kein Historienschinken aus dem Römischen Reich. Heute sind Christen die weltweit am meisten verfolgte Religionsgruppe. Das besagt eine Studie, die 2019 vom britischen Außenministerium in Auftrag gegeben wurde. In manchen Ländern könne man sogar von einer Art Genozid sprechen, hieß es. Die grausamen Berichte über Folter und Mord des IS illustrieren die Ergebnisse der Studie auf schreckliche Weise.
Die meisten Fälle von Christenverfolgung werden nicht bekannt. Oft kann man sie nicht dokumentieren, weil es für Betroffene und Journalisten lebensgefährlich ist, darüber zu berichten. Die evangelikale Organisation „Open Doors“ schreckt jedes Jahr mit dem sogenannten Weltverfolgungsindex auf. Die vorgelegten Zahlen wurden verschiedentlich kritisch hinterfragt. Unstrittig ist indes der Fakt an sich.
Einer Studie des renommierten amerikanischen Pew-Instituts von 2017 zufolge sind Christen erwartungsgemäß in vielen muslimischen und nordafrikanischen Staaten Verfolgung ausgesetzt. Überraschend ist hingegen, dass die meisten in mehrheitlich christlichen Ländern schikaniert werden. In der Pew-Studie ist zu lesen, dass Christen im Jahr 2015 in 128 Staaten und damit in mehr Ländern als Angehörige jeder anderen Religion an der Ausübung ihres Glaubens gehindert, verfolgt, gefoltert und ermordet werden. Mit 2,5 Milliarden Gläubigen stellen Christen aber auch die größte Religionsgruppe dar.
Statistische Erhebungen, die oftmals nur mit geschätzten oder hochgerechneten Zahlen operieren, sind das eine. Die Einzelschicksale und die Not der Menschen, die um ihres Glaubens Willen leiden müssen, können sie nicht darstellen. Es sind die Geschichten wie die von Naomi aus Mali, die zum Christentum konvertierte und daraufhin von ihrer Familie verstoßen und mit dem Tod bedroht wurde. Oder Darios, der mit 14 Jahren wegen seines Glaubens sechs Monate im Iran inhaftiert wurde. Inzwischen konnte er aus dem Land fliehen, heißt es auf der Homepage von „OpenDoors“. Doch sein christlicher Freund sei im Gefängnis getötet worden. Darios bittet die freie westliche Welt, für verfolgte Christen zu beten.
„Was können wir tun?“, wird in einem Dossier der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Thema „Religion und Freiheit“ gefragt. Die Erfahrung habe gezeigt, heißt es weiter, dass Öffentlichkeit das wirksamste Mittel sei. „Darum ist das öffentliche Eintreten für die Opfer wichtig“, so die Schlussfolgerung. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) hat eine Gefängnispost-Initiative gestartet. Post an Gefangene zu schicken signalisiere, dass die Inhaftierten international angesehene Personen seien, erklärt die IGFM. Um den Eindruck zu verstärken, werden Briefmarken mit Porträts der Gefangenen auf die Briefe geklebt. Auch christliche Organisationen, wie die Hilfsaktion Märtyrerkirche, unterstützen weltweit verfolgte Christen.
Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus, Synoden-Präses Anna-Nicole Heinrich und die stellvertretende Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs haben vor dem Christfest Briefe an politische Gefangene in Belarus geschrieben. Diese Menschen würden zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt und dürften nicht in Vergessenheit geraten. Bischöfin Kirsten Fehrs schickte einen Brief an den Bürgerrechtler Ales Bjaljazki, den Gründer des belarussischen Menschenrechtszentrums Vjasna („Frühling“), einer EKD-Partnerorganisation. Sie schrieb: „Ich möchte, dass Sie wissen, dass Sie nicht vergessen sind!“
Autor:Online-Redaktion |
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