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Notre-Dame wird wiedereröffnet
Das Wunder von Paris

Foto: epd-bild/Almut Siefert

Was derzeit nur virtuell funktioniert, soll Anfang Dezember wieder in der Realität möglich sein: ein Rundgang durch Notre-Dame in Paris. Fünfeinhalb Jahre nach dem verheerenden Brand werden die Pforten der Kathedrale wieder geöffnet.

Von Almut Siefert (epd)

In der virtuellen Realität ist es schon Abend, als der Fremdenführer vor den Pforten von Notre-Dame stehenbleibt. Die Pariser Kathedrale ist von einem glühenden Schein umhüllt. Feuerfunken regnen auf die Menschen nieder. Auch das Knistern ist zu hören. Ansonsten Stille. Der Schock, der am Abend des 15. April 2019 die französische Hauptstadt und die halbe Welt lähmte, können Besucher auch fünfeinhalb Jahre später dank der Technik nachempfinden.

An diesem Abend fing der Dachstuhl der frühgotischen Kathedrale auf der Ile-de-la-Cité in der Seine Feuer. Was damals geschah, können Besucher der Ausstellung «Éternelle Notre-Dame» hautnah miterleben. Am Eingang zu dem 500 Quadratmeter großen Ausstellungsraum unterhalb des Vorplatzes von Notre-Dame können sie einen Rucksack aufsetzen - die dazugehörige Virtual-Reality-Brille lässt sie in die Vergangenheit eintauchen.

In 45 Minuten werden die 861 Jahre Geschichte der Kathedrale erklärt, von ihrer Grundsteinlegung im Jahr 1163 bis zu den aktuellen Restaurierungsarbeiten nach dem verheerenden Brand - wahlweise auf Französisch, Englisch oder Spanisch.

Am Ende der virtuellen Führung wird der Schlüssel der Kathedrale an Erzbischof Laurent Ulrich überreicht und die Pforten öffnen sich. In den kommenden Tagen pausiert die Ausstellung - denn dann wird das Virtuelle tatsächlich Realität. Der französische Präsident Emmanuel Macron wird am Abend des 7. Dezember die Kathedrale Notre-Dame de Paris feierlich wiedereröffnen. Am Sonntag, dem Tag Mariä Empfängnis, wird Erzbischof Ulrich eine vierstündige Messe feiern.

2.000 Gäste werden zur Wiedereröffnung von Notre-Dame erwartet, darunter Staatschefs und internationale Künstler. Auch Papst Franziskus wurde eingeladen - er sagte seine Teilnahme allerdings ab. An dem Wochenende stehen in Rom Kardinalserhebungen und der traditionelle Besuch des Papstes bei der Säule der Unbefleckten Empfängnis auf der Piazza di Spagna auf dem Plan.

Warum der Dachstuhl aus dem 13. Jahrhundert vor fünf Jahren plötzlich lichterloh brannte, ist nicht abschließend geklärt. Zu dem Zeitpunkt fanden Restaurierungsarbeiten statt. Die Hypothesen reichen von einem Kurzschluss bis hin zu einer weggeworfenen Zigarette. Noch am Abend des Brandes hatte Macron seinen Landsleuten versprochen, Notre-Dame werde wieder aufgebaut, «und zwar schöner als zuvor». Sein zweites Versprechen, das alles in fünf Jahren schaffen zu wollen, erzeugte sofort große Skepsis. Die französische Tageszeitung «Libération» schrieb auf ihrer Titelseite: «Macron glaubt an Wunder». Weltweit spendeten die Menschen für den Wiederaufbau insgesamt mehr als 840 Millionen Euro.

Bisher hat der Wiederaufbau 700 Millionen Euro gekostet. 2.000 Experten waren daran beteiligt. Neben Architekten und Zimmerleuten auch Steinmetze, Dachdecker, Restauratoren, Geophysiker, Statiker.
Rémi Fromont, Mitglied des verantwortlichen Architektentrios, hatte 2015 seine Abschlussarbeit über den Dachstuhl von Notre-Dame geschrieben. Ohne die von ihm akribisch zusammengetragenen Zeichnungen und Untersuchungen wäre ein Wiederaufbau wahrscheinlich nicht möglich gewesen.

Die Restaurierungen werden zur offiziellen Wiedereröffnung nicht komplett abgeschlossen sein. Die Diözese gibt an, die Bauarbeiten an den Strebebögen würden noch vier bis fünf Jahre dauern, die Arbeiten am Platz rund um die Kathedrale noch mindestens drei.

Doch der Großteil der Arbeiten wurde in nur fünfeinhalb Jahren - die noch dazu von Baustopps in der Corona-Pandemie unterbrochen wurden - tatsächlich erledigt. Das zerstörte Dach und das Balkenkonstrukt aus Holz wurden detailgetreu komplett neu aufgebaut. Im Inneren wurden die Farben der Wandgemälde aufgefrischt und die 2.300 Statuen und 8.000 Orgelpfeifen gereinigt. Im kommenden Jahr wird noch an der Fassade und der Sakristei gearbeitet, 2026 sollen neue Kirchenfenster installiert werden.

Doch schon ab der zweiten Dezemberwoche können die Besucher die imposante Kathedrale wieder ohne Virtual-Reality-Brille bestaunen. Mit 15 Millionen Besuchern pro Jahr wird gerechnet, 12 Millionen waren es in dem Jahr vor dem Brand. Der digitale Rundgang durch die Geschichte des Monuments des Weltkulturerbes ist noch bis Mai 2025 möglich.

Autor:

Online-Redaktion

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