Blickwechsel
Delfine auf dem Weg zum Gottesdienst
Der Gemeindebezirk von Pfarrer Immo Wache ist komplett vom Atlantischen Ozean umgeben. Er arbeitet buchstäblich dort, wo andere Urlaub machen: im Süden Teneriffas sowie auf La Gomera und El Hierro. Über seine Arbeit in der Evangelischen Gemeinde deutscher Sprache sprach er mit Anke von Legat.
Haben Sie schon mal im Atlantik getauft?
Immo Wache: Nein, das habe ich noch nie gemacht. An vielen Stellen wäre die Brandung auch viel zu stark dafür – der Atlantik ist ja keine Badewanne. Und an den Badestränden sind religiöse Veranstaltungen verboten, wie übrigens überall in der Öffentlichkeit. Das liegt daran, dass die Regierung eine Werbung für charismatisch-pfingstlerische Gruppen vermeiden möchte, die durch Rückkehrer aus Lateinamerika hier stark vertreten sind.
Also gar keine Gottesdienste am Meer?
Nein – außer Trauungen, die sind erlaubt. Und Seebestattungen – das haben wir relativ häufig. Manche kommen extra mit der Urne angereist, um die Asche ihrer Verstorbenen hier dem Meer zu übergeben. Wir chartern dann ein Boot und fahren ein Stück hinaus; manchmal halten wir die Trauerfeier aber auch an einem Strandabschnitt ab, der nicht öffentlich zugänglich ist.
Was für Menschen besuchen Ihre Gemeinde?
Das sind zum einen natürlich die normalen Touristen, die vor allem in den Wintermonaten kommen, angelockt vom warmen Atlantik. Erstaunlich viele von ihnen schauen immer mal wieder bei unseren Gottesdiensten vorbei. Das sind oft Menschen, die auch zuhause Kontakt zur Kirche haben.
Dann gibt es die Gruppe der sogenannten „Residents“, die ihren Hauptwohnsitz auf den Kanaren haben; rund 100 von ihnen gehören als Mitglieder zu unserer deutschen Gemeinde. Und schließlich sind da noch die „Semi-Residents“; Menschen, die etwa als Rentner das halbe Jahr hier und die andere Hälfte in Europa verbringen, oder auch Saison-Arbeitskräfte.
Was bedeutet das Meer für Ihre Arbeit als Pfarrer?
Wir schauen ständig drauf, weil unser Gemeindezentrum direkt an der Strandpromenade liegt – aber inhaltlich spielt es keine besondere Rolle in unserer Gemeinde. Ich habe insofern direkt damit zu tun, als ich einmal im Monat auf der Nachbarinsel La Gomera einen Gottesdienst feiere. Um dorthin zu kommen, nehme ich immer das Schiff – absichtlich die langsamere der beiden Fähren. Da sieht man oft während der Überfahrt Wale und Delfine. Und bevor ich dann zurückfahre, springe ich oft noch mal ins Wasser.
Spielt das Wasser sonst im Gemeindealltag eine Rolle?
Wir bieten jede Woche Spaziergänge an, die uns häufig an der Küste entlangführen – manchmal sogar, wenn eine Warnung ausgegeben wurde. Dann sieht man eine fantastische Brandung, erlebt die Urgewalt des Meeres. Allerdings bekommen wir auch hautnah die zerstörerische Seite dessen mit: Es werden immer wieder Tote angeschwemmt, die in kleinen Booten von Afrika aus hierher fliehen. Da fordert das Meer einen hohen Tribut. Das ist für die Kanaren neben der Arbeitslosigkeit gerade das größte Problem.
Autor:Online-Redaktion |
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