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Blickwechsel
Kenia: Neue Wege in der Corona-Krise

Für zwei Wochen sollen die ausgegebenen Lebensmittel reichen. | Foto: Foto: epd-bild/Bettina Ruehl
  • Für zwei Wochen sollen die ausgegebenen Lebensmittel reichen.
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  • hochgeladen von Mirjam Petermann

Sabina Lemiliko wartet geduldig, bis sie an die Reihe kommt. Die 51-jährige Kenianerin aus dem Volk der Massai hofft auf ein paar Kilo Maismehl, Mais und Bohnen. Die Mutter von neun Kindern lebt im zentralen Hochland von Kenia, in einer weiten Savanne. Auch wenn hier noch keine Covid-19-Infektionen bekannt wurden, hat das Virus die Menschen schon getroffen. In Kenia sind die Fallzahlen insgesamt relativ niedrig. Bei einer Bevölkerung von knapp 50 Millionen wurden rund 4300 Infektionen erfasst.

Doch die wirtschaftlichen Folgen sind hart. «Fast alles ist teurer geworden», erzählt Lemiliko, die einen gelben Mundschutz und ein traditionelles Perlenhalsband trägt. «Außerdem finden im Moment keine Viehmärkte statt, so dass wir unsere Tiere nicht verkaufen können.» Darauf sind die Massai aber angewiesen, um Bargeld für Essen zu haben.
Heute Abend wird Lemiliko trotzdem etwas kochen können, denn Mitarbeiter eines Schutzgebietes verteilen Lebensmittel, die eigentlich für Schulspeisungen gedacht waren. Aber wegen des Coronavirus sind Schulen und Universitäten in Kenia seit dem 15. März geschlossen. «Im Lager würden die Vorräte nur verderben», erklärt Paul Naiptari, der die Verteilung begleitet. Er ist der Verbindungsmann zwischen dem Loisaba-Schutzgebiet und den umliegenden Dörfern.

Mit Lemiliko sind rund zwei Dutzend Massai-Frauen gekommen, sie tragen farbenfrohe Gewänder, einige Mundschutz. Stephen Lesongoi, der Massai-Chief der Region, erklärt ihnen, dass es leider nur wenig Lebensmittel gebe, und nicht genug für alle. Aber das sei doch immerhin besser als nichts. Von der Verteilung an fünf Orten profitieren diesmal fast 200 Familien, etwa 1300 Menschen. Was sie bekommen, soll für zwei Wochen reichen. Aber auch danach wird die Not andauern. Naiptari hofft deshalb auf weitere Spenden.
In der Region siedeln vor allem Viehhirten aus den Volksgruppen der Massai, Samburu und Pokot. Neben ihren Viehherden leben sie vom Tourismus, arbeiten in den Hotels oder Lodges, als Ranger oder verkaufen Perlenschmuck und andere Souvenirs an Touristen. Aber infolge der Corona-Krise liegt der Tourismus am Boden.

Paul Lebeneo ist bedrückt. Er managt eine Öko-Lodge, die der Massai-Gemeinschaft gehört. Sie sei für die nächsten Monate gut gebucht gewesen, sagt er. Aber ab März wurde alles storniert. «Null, nichts, niemand kommt», klagt Lebeneo. Nun ist die Lodge geschlossen, nur die beiden Nachtwächter sind noch da. Lebeneo musste 21 der 23 Angestellten entlassen. «Das ist mir sehr schwer gefallen», sagt er. «Aber ich hatte keine andere Wahl, es gibt ja keine Arbeit mehr.» Die meisten Angestellten kämen immer noch jeden Tag in die Lodge, auch wenn nichts zu tun sei. «Wir essen zusammen. Das wenige was ich habe, teilen wir.»
Im Garten der Lewaso-Lodge müht sich ein Dutzend Massai-Frauen mit Hacke und Spaten ab. «Das ist für uns eine Herausforderung», gibt die 37-jährigen Ngilu Lamanias zu. «Wir haben noch nie etwas angebaut. Wir sind Viehzüchter, normalerweise kümmern wir uns um unsere Tiere.» Aber jetzt bleibe ihnen nichts anderes übrig, wenn sie etwas zu essen haben wollen.

Die Idee mit dem Gemüseanbau hatte Lebeneos Frau Ellie Modester, die zusammen mit ihrem Mann die Lodge managt. Sie ist selbst Massai, kommt aber aus einer Region, in der die Frauen schon seit einigen Jahren Gemüse anbauen. Die Corona-Krise ist der richtige Moment, ihr Wissen weiterzugeben. Modester ist eine der wenigen Frauen in der Gegend, die studiert haben, und zwar die Entwicklung von Gemeinschaften und Tourismus. Etwa 60 Frauen haben sich zur Gruppe «Chui Mamas» zusammen getan, um gemeinsame Projekte anzugehen und sich gegenseitig Kleinstkredite zu vergeben. Statt Perlenschmuck nähen sie nun Gesichtsmasken. Auch das Imkern haben sie angefangen. Durch die Not gezwungen, lernen sie in diesen Wochen viel, was ihnen vermutlich auch in Zukunft noch helfen wird. 
Bettina Rühl (epd)

Autor:

Online-Redaktion

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