Nahost
Religionswissenschaftler: Hamas lässt sich nicht vollständig besiegen
Bremen (epd) - Der Bremer Religionswissenschaftler Hans Kippenberg hat Zweifel geäußert, ob sich die radikalislamische Hamas-Bewegung im Gazastreifen von Israel vollständig besiegen lässt. «Der militärische Krieg gegen den Terror bringt seltener als erwartet den gewünschten Erfolg», sagte Kippenberg dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine Studie habe ergeben, dass nur sieben Prozent aller Terrorgruppen durch militärische Gewalt eliminiert worden seien.
«In der Mehrzahl der Fälle beendeten Aktionen von lokalen Kräften die Existenz dieser Gruppen, oder sie veränderten sich im Zuge ihrer Beteiligung am politischen Prozess», sagte Kippenberg. «Im Falle von Hamas hieße das: die Bildung zweier Staaten Israel und Palästina.»
Am 7. Oktober hatte die militant-islamistische Hamas, die den Gaza-Streifen beherrscht, mit Raketen und Terrorkommandos Israel angegriffen, rund 1.400 Menschen ermordet und mehr als 200 verschleppt. Israel reagierte mit heftigem Beschuss und der Abriegelung des Gebietes sowie dem Einsatz von Bodentruppen gegen die Hamas.
Zwar scheine im Licht der Massaker an Israelis nur die Vernichtung der Hamas infrage zu kommen, sagte Kippenberg. Doch die Hamas sei mehr als eine militärisch-terroristische Organisation. Sie sei auch eine religiöse und soziale Bewegung.
Die Hamas sei aus der ägyptischen Muslimbruderschaft hervorgegangen und 1987 von einem Geistlichen als deren palästinensischer Zweig gegründet worden, erläuterte der Religionswissenschaftler. Die Muslimbrüder sähen Gott als Ziel, den Propheten Mohammed als ihren Führer, den Koran als Verfassung und den Dschihad als Weg. Der Dschihad sei dabei nicht ausschließlich militärisch zu verstehen.
Im Islamischen Zentrum von Gaza seien Komitees für Glauben, Wohlfahrt, Gesundheit, Sport und Konfliktlösung zum Wohle der Palästinenser gegründet worden. Zudem seien Kindergärten, Schulen, medizinische Einrichtungen, Sportvereine und Berufsbildungszentren für Jungen und Mädchen entstanden. Auch Ladengeschäfte, Handwerksbetriebe und Wohnungen gehörten zum Umfeld der Hamas-Bewegung.
«Dieses soziale und religiöse Netzwerk war ein günstiger Nährboden für die Bereitschaft der ihm Angehörenden, es mit Gewalt gegen Angriffe zu verteidigen», sagte Kippenberg. Es habe aber auch immer wieder «eine gewisse Zurückhaltung» im Kampf gegen Israel erzwungen. Deshalb habe die Hamas auf ihren Flugblättern nie nur Gewalt, sondern auch Geduld gepredigt.
Autor:Katja Schmidtke |
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