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Blickwechsel
Russland: Opposition im Untergrund

Gedenkgottesdienst fuer Alexei Nawalny am 4. Juni 2024 in der St. Marienkirche in Berlin | Foto:  epd-bild/Christian Ditsch
  • Gedenkgottesdienst fuer Alexei Nawalny am 4. Juni 2024 in der St. Marienkirche in Berlin
  • Foto: epd-bild/Christian Ditsch
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Wer in Russland ist, kann nur noch „um sein Leben kämpfen“. Kein Wort in der Öffentlichkeit kann mehr ausgesprochen werden gegen Putin oder den Krieg.

Von Sebastian Kranich

Eine Opposition in Russland gibt es nicht mehr: So sah es der Nawalny-Vertraute Andrei Zayakin auf dem Online-Studienabend der Evangelischen Akademien am 28. Mai.

Wie die Memorial-Mitbegründerin Irina Scherbakowa lebt er im Ausland und kann sich frei äußern. Die Menschenrechtsaktivistin hatte einen ähnlichen Blick: Die Reste der Opposition in Russland sind politisch nicht mehr relevant. Allerdings existiere Memorial weiterhin als Netzwerk und leiste Aufarbeitung der Sowjetzeit im Sinne des „Nie wieder“.

Einen etwas anderen Eindruck vermittelte der Journalist Stefan Melle: Als Leiter des Dialogbüros für zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit mit Ost- und Südosteuropa in Wien wusste er von einer Vielzahl von Formen zivilen Ungehorsams und Widerstands in Russland zu berichten.

Dass Tausende Menschen nach dem Mord an Nawalny Blumen an dessen Grab und an Denkmälern ablegten, sei beeindruckend gewesen. Darin waren sich die drei Gesprächspartner einig. Zugleich meinte Zayakin, es sei fraglich, wer der „größten Figur der russischen Opposition im 21. Jahrhundert“ ebenbürtig folgen könne. Alles, was Nawalny getan habe, sei Mittel gewesen, um „das Böse zu bekämpfen“. So habe er sich dem „evangelischen Ideal“ genähert.

Gerade da die Spitze der Russisch-Orthodoxen Kirche putintreu ist, müsse an jene Priester erinnert werden, die gegen den Krieg beteten und sich in großer Gefahr befänden. Um sie und die inhaftierten Oppositionellen nicht zu vergessen, wurde angeregt, EKD-Fürbitten zu formulieren und in den Landeskirchen zur Verfügung zu stellen.

Was kann der Opposition noch helfen? Ein Umsteuern von Google und Co: Statt regimefreundlicher Nachrichten müssten Informationen der Opposition an erster Stelle stehen. Eine Korrektur der EU-Politik: Oppositionelle benötigten die abgeschafften Mehrfach-Visa wieder, damit sie notfalls unkompliziert einreisen können. Ein starkes deutsches und westliches Engagement für die Ukraine: Ihre Hoffnung für Russland liege darin, dass es Putin nicht gelingt, die Ukraine zu zerstören, so Irina Scherbakowa.

Der Autor ist Direktor der Evangelischen Akademie Thüringen.

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