Venezuela
Weihnachten per Dekret
Auf Stimmung statt Protest zielt die Initiative von Präsident Maduro, das Weihnachtsfest in Venezuela um fast drei Monate nach vorne zu ziehen. Nach Feiern ist vielen in dem Krisenstaat gar nicht zumute.
Von Susann Kreutzmann (epd)
«Frohe Weihnachten in Frieden und Glück! Frohes Neues Jahr!», ruft Venezuelas Machthaber Nicolás Maduro fröhlich in die TV-Kameras. Ein Video vom bunt geschmückten Präsidentenpalast Miraflores wird eingeblendet. Maduro und seine Ehefrau spazieren stolz an Weihnachtsbäumen mit flackernden Lichtern vorbei.
Die Szenen stammen nicht aus dem vergangenen Jahr, sondern sind aktuell: Maduro hat per Dekret den Beginn des Weihnachtsfests auf den 1. Oktober vorverlegt. Die Feierlichkeiten sollen bis Mitte Januar dauern. Am 10. Januar will er sich zum dritten Mal als Präsident vereidigen lassen - nach Wahlen, die von schweren Fälschungsvorwürfen überschattet sind und aus denen offenbar die Opposition als Sieger hervorging.
Nach der Wahl Ende Juli kam es zu Massenprotesten in dem südamerikanischen Land. Trotz zunehmender Repression gegen Oppositionsanhänger gingen die Menschen auf die Straße. Laut Menschenrechtsorganisationen kamen mindestens 24 Menschen bei den Protesten ums Leben, viele wurden verletzt, hunderte Demonstrierende wurden festgenommen. Viele in Venezuela sind nun alles andere als in Feierstimmung.
Mit der Vorverlegung des Weihnachtsfestes, so die Idee von Maduro, sollen die Menschen von der Politik abgelenkt werden. Zumal sich die sozialistische Regierung in der Weihnachtszeit spendabel zeigt und traditionell Lebensmittelpakete in Armenvierteln und Spielzeug an Kinder verteilt. Als «Dank an das Volk» verkauft Maduro deshalb seine Weihnachts-Kapriole. Den Plan des vorzeitigen Weihnachtsfestes verkündete Maduro übrigens an dem Tag, als gegen den oppositionellen Präsidentschaftskandidaten und mutmaßlichen Wahlgewinner, Edmundo González, ein Haftbefehl ausgestellt wurde. González floh nach Spanien.
Protest gegen die vorverlegte Weihnachtszeit kommt erwartungsgemäß von der katholischen Kirche. Die Bischofskonferenz erinnerte den autokratischen Machthaber daran, dass Weihnachten auf der ganzen Welt am 25. Dezember gefeiert werde. «Das Weihnachtsfest gehört dem Volk und es feiert es, wann es will», erwiderte darauf Maduro.
Jetzt steht im Herzen von Caracas ein großer Weihnachtsbaum, Schaufenster sind mit Weihnachtssternen dekoriert und an Türrahmen hängen rote Kugeln. Straßenhändler verkaufen Weihnachtsleckereien und hoffen trotz allem auf gute Umsätze. Doch die Kauflaune der Menschen ist in dem Krisenstaat tief getrübt.
Zwar brach die Wirtschaft in den ersten Monaten des Jahres nicht weiter ein. Die Inflation ist aber immer noch dreistellig. Auch die Zahl der Menschen, die vor der politischen und ökonomischen Krise in die Nachbarländer flüchten, hat wieder zugenommen. Rund acht Millionen Venezolanerinnen und Venezolaner und damit mehr als ein Viertel der Bevölkerung haben ihrem Heimatland schon den Rücken gekehrt. Sie feiern Weihnachten ohne Dekret.
Autor:Online-Redaktion |
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