Alte Kirchen, neue Kunst
Ausstellung: Am 9. März eröffnet in der Orangerie der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau die Ausstellung »Lichtung«. Sie zeigt Glasmalereien, die Leipziger Künstler für Kirchen entworfen haben.
Von Britt Schlehahn
Damit rückt eine Kunstform in den Blick, der traditionell eher wenig Beachtung geschenkt wird. Und es funktioniert: Zeitgenössische Glasmalerei und alte Kirchen passen erstaunlich gut zueinander.
Gerhard Richter hat es vorgemacht: 2007 schuf der weltberühmte Maler im Kölner Dom ein Fenster aus 11 263 Mosaiken. Im selben Jahr eröffnete im Naumburger Dom die Elisabethkapelle mit Fenstern nach dem Entwurf des Malerstars Neo Rauch. Sie zeigen drei Lebensstationen der zeitgenössisch gekleideten Elisabeth von Thüringen. Eine besondere Wirkung geht dabei vom rubinroten Glas aus, in das die Rauch’schen Motive eingeätzt sind. Keine Frage: Zeitgenössische Kunst kann in sakraler Architektur eine überwältigende Wirkung entfalten – und den Gotteshäusern ein neues Publikum bescheren.
Fernab von den touristischen Hochburgen bringt das Projekt »Lichtung« seit einigen Jahren »große Kunst in kleine Kirchen«. Dafür arbeiten die Evangelische Landeskirche Anhalts und das Amt für Denkmalsschutz Hand in Hand. Am 9. März eröffnet in Dessau eine Ausstellung, die Glasmalereien von Leipziger Kunstschaffenden vorstellt. Künstler wie David Schnell und Bastian Muhr wurden eingeladen, Entwürfe für bestimmte Kirchen zu entwickeln.
Muhr, 1981 in Braunschweig geboren, absolvierte sein Malereistudium an der Leipziger Kunsthochschule. In den letzten Jahren konzentrierte er sich auf Linienfelder, die er beispielsweise großformatig im Museum der bildenden Künste ausstellte. Die Linien zerschnitten den Boden, rasterten ihn neu, zwängten die Besucher an den Rand, um so eine neue Raumwirkung zu erzeugen. Dieses Prinzip übersetzt er nun in die Fensterentwürfe für die romanische Dorfkirche in Altjeßnitz. Er entwarf für jedes Fenster zwei Bleiverglasungen. Für die Glasflächen wurde in den Derix Glasstudios Taunusstein Glas zerschnitten und zusammengefügt. Anders als auf dem Papier und auf dem Boden teilen die Linien hier die Fläche in bis zu 400 Einzelgläser. Die dichten Fenster plante Muhr für das Kirchenschiff, die helleren für den Altar. Die doppelte Glasreihung erweckt den Eindruck bewegter Linien.
David Schnell, geboren 1971 in Bergisch Gladbach, schloss sein Malereistudium 2002 als Meisterschüler von Arno Rink an der Leipziger Kunsthochschule ab. 2009 gewann er den Friedensfenster-Wettbewerb in der Leipziger Thomaskirche. Hierbei inspirierten ihn die Säulen, Bögen und die Farbigkeit des Raumes. Zu sehen sind die typischen Bretter, die auch auf Schnells Bildern oft vorhanden sind und dynamisch nach Außen weisen.
Für Schnell besteht die Besonderheit der Glasmalerei in der Zusammenarbeit mit einem Glasmaler, der seine Entwürfe übersetzt. Glas ist etwas anderes als Ölfarbe aus der Tube. So entstand aus der anfänglichen Ehrfurcht eine besondere Inspiration, die den Glasarbeiten anzumerken ist. Für »Lichtung« entwarf Schnell Fenster für die Kirche in Priorau, einem neugotischen Putzbau von 1817 im Landkreis Bitterfeld. Hierbei kombiniert er zwei Glasflächen unterschiedlicher Farbgebung mit eingeätzten Motiven.
Gemeinsam mit den Fensterarbeiten von vier weiteren Leipziger Kunstschaffenden ist die Schau als Wanderausstellung konzipiert. Die einzelnen Fenster werden hierbei in Leuchtkästen präsentiert. Der Katalog stellt die konkreten Situationen in den Kirchen dann per Foto nach.
Ob die Fenster bald ganz real zu sehen sein werden, ist eine Frage des Geldes. »Aber«, meint Organisator Holger Brülls, »bislang ist es immer gelungen, jedes einzelne dieser Projekte auch endgültig in den Kirchenbauten unterzubringen.«
»Lichtung, Glasmalerei der Gegenwart von Leipziger Künstlern« ist vom 9. März bis zum 21. April in der Orangerie der Anhaltinischen Gemäldegalerie Dessau zu sehen.
www.anhaltischer-kunstverein.de
Autor:Online-Redaktion |
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