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Das Wissen der Welt zwischen Buchdeckeln

Bildnis von Friedrich Arnold Brockhaus (1772-1823, Foto li.) aus der Brockhaus Enzyklopaedie von 1967  | Foto: epd-bild/Heike Lyding
  • Bildnis von Friedrich Arnold Brockhaus (1772-1823, Foto li.) aus der Brockhaus Enzyklopaedie von 1967
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Der «Brockhaus» galt lange als wichtigstes deutsches Nachschlagewerk. Bildungswillige informierten sich in den Nachfolgern des «Conversationslexikons» von Friedrich Arnold Brockhaus. Der liebte Bücher schon als Kind, wurde aber erstmal Tuchhändler.

Von Dirk Baas (epd) 

 «Wenn es so leicht wäre, ein großes Lexikon herauszugeben, würde es jeder Esel machen.» Dieses Bonmot stammt von Albert Brockhaus, dessen Urgroßvater Friedrich Arnold (1772-1823) Kulturgeschichte schrieb: Er publizierte ein «Conversationslexikon mit vorzüglicher Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten». Der Mann, der das Wissen seiner Zeit in ein opulentes Nachschlagewerk packte, starb während der Vorbereitung der sechsten Auflage am 20. August 1823 im Alter von nur 51 Jahren.

Er hinterließ eine Publikation, die es noch fast 200 Jahre geben sollte: Der letzte gedruckte «Brockhaus» erschien in der 21. Auflage in den Jahren 2005 bis 2006 und umfasste 30 Bände. Er brachte stolze 70 Kilogramm auf die Waage und enthielt 300.000 Stichwörter auf 24.500 Seiten. Bei Ebay ist er noch für 900 Euro zu haben.

Der Verlag ist seit 2015 Teil der schwedischen NE Nationalencyklopedin AB, deren digitalen Angebote nach eigenen Angaben 75 Prozent aller Schulen in Schweden nutzen. Vermarktet werden modulares E-Learning und digitale Lehrwerke für Schulen, Bibliotheken und die private Nutzung.

«Bildung wird immer mehr individualisiert ablaufen», sagte Daniel Mainka, Marketing-Direktor der NE GmbH Brockhaus, dem Evangelischen Pressedienst (epd): «Hier setzen wir mit unseren digitalen Unterrichtsmedien an, die neben dem Wissens- vor allem den Kompetenzerwerb in den Vordergrund stellen.» Rund ein Drittel aller Schülerinnen und Schüler in Deutschland hätten derzeit Zugang zu Brockhaus-Produkten. «Über die öffentlichen Bibliotheken erreichen wir über zwei Millionen aktive Nutzer.»

Friedrich Arnold Brockhaus, den ein Bild des Malers Carl Vogel von Vogelstein als drallen Mann mit rundem bartlosen Gesicht, kurzem krausen Haar und markanter Nickelbrille zeigt, schuf ein Druckwerk, «das sich im Laufe seiner Geschichte zum zentralen Träger des Wissens unserer Gesellschaft entwickelte». Er gründete mit dem Verlagshaus F.A. Brockhaus «zugleich einen der ältesten heute noch existierenden Verlage in Europa», ist bei «Who is who» zu lesen.

Brockhaus stammt aus Dortmund. Sein Lebensweg hin zur Liebe für die Literatur nahm etliche Kurven: Aus einem Tuch- wurde ein Buchhändler. «Ich war ein aufgeweckter Knabe mit einem brennenden Durst nach Kenntnissen aller Art und einer wahren Bücherwuth», schrieb er in seinen Erinnerungen. Und deshalb lag er in ständigem Kampf mit seinem Vater, einem strengen Mann, dem «mein vieles Lesen in den Tod zuwider war».

Mit 16 Jahren verlässt der Junge das Gymnasium und beginnt eine Lehre als Textilkaufmann in Düsseldorf. Doch diese Ausbildung lässt ihn kalt - und scheitert schließlich. 1793 schreibt sich Brockhaus als Gasthörer an der Leipziger Universität für Vorlesungen in Philosophie, Physik, Mathematik und Chemie ein. Zwei Jahre später wird er Teilhaber der Firma «Brockhaus, Mallinckrodt und Hiltrop», die sich auf die Einfuhr von englischen Waren wie Wollstoffen spezialisiert. Nach einem Zerwürfnis mit seinen Partnern wegen geplatzter Bankschecks geht Brockhaus als Händler nach Amsterdam.

1805 erfolgt ein entscheidender Schritt: Brockhaus wechselt die Branche und gründet mit dem Buchhändler J. G. Rohloff die Sortiments- und Verlagsbuchhandlung «Rohloff & Co», die er später übernimmt und
1807 in «Kunst- und Industrie-Comtoir» umbennennt.

Der Besuch der Leipziger Büchermesse 1808 wird zur Initialzündung für seine überaus erfolgreiche Karriere als Publizist und Verleger: Er kauft für 1.800 Taler die Rechte und Texte des noch unfertigen «Conversationslexikons» von Renatus Gotthelf Löbel und Christian Wilhelm Franke. Das Lexikon, bis dahin produziert vom Verleger des «Leipziger Tageblattes», dem Buchdrucker Friedrich Richter, wird zum Grundstock der späteren Brockhaus-Enzyklopädie. Die 1. Auflage von 2.000 Exemplaren erscheint bis 1809 und ist bereits Anfang 1811 fast vergriffen.

Der Bibliothekar und Philosophiehistoriker Ulrich Johannes Schneider liebt alte Enzyklopädien. Doch dass der Brockhaus nicht mehr gedruckt wird, bedauert der Professor an der Universität Leipzig nicht. «Wir leben heute in einer ganz anderen Wissensgesellschaft», sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Internet biete viel mehr Möglichkeiten, sich zu informieren, was jedoch nicht ohne Tücken sei.

Die Hauptgefahr bei der Information via Internet sieht der Professor darin, dass «der Hintergrund der Recherche verschwindet und der Sinn für die Geschichte verloren geht». Und: Nutzer müssten stets kritisch und wachsam sein. Denn sie könnten sich nicht mehr auf ein von einer Redaktion «vernünftig produziertes und abgewogenes allgemeines Wissen» verlassen - und müssten Inhalte und Quellen selbstständig prüfen.

Autor:

Katja Schmidtke

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