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Dem Weltgeheimnis auf der Spur

Johannes Kepler (Gemälde anonym ca. 1620, Straßburg) | Foto: epd-bild / akg-images
  • Johannes Kepler (Gemälde anonym ca. 1620, Straßburg)
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Widrigste Lebensumstände konnten ihn nicht bremsen: Kurz vor dem 30-jährigen Krieg revolutionierte Johannes Kepler die Astronomie. Er war auch der erste, der den «Stern von Bethlehem» erklärte.

Von Klaus Merhof (epd)

Eigentlich wollte Johannes Kepler (1571-1630) evangelischer Geistlicher werden. Doch die Welt der Sterne und Planeten schlug ihn in ihren Bann: Er arbeitete als kaiserlicher Hofmathematiker in Prag und fand drei Planetengesetze, die bis heute seinen Namen tragen. Er korrespondierte mit Galileo Galilei und schrieb über eine Reise zum Mond, 250 Jahre vor Jules Verne. Vor 451 Jahren, am 27. Dezember 1571, wurde er in Weil der Stadt bei Stuttgart geboren.

Sein Vater war Söldner und Gastwirt, die Mutter handelte mit Kräutern. Mit vier Jahren überstand Kepler die Pocken, blieb aber sehbehindert. Die Grundschulzeit erlebte er in Klosterschulen, 1589 begann er ein Studium der Theologie am Evangelischen Stift in Tübingen. Dort wurde er Anhänger des neuen Weltbildes von Nikolaus Kopernikus (1473-1543), demzufolge die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt.

Kepler ging als Mathematiker an die evangelische Stiftsschule in Graz, veröffentlichte dort 1596 sein erstes großes Werk «Mysterium Cosmographicum» («Weltgeheimnis»). Darin beschrieb er die Bahnen der damals fünf bekannten Planeten in Analogie zu den fünf klassischen Körpern der Geometrie. Kepler war überzeugt, einen Teil des göttlichen Schöpfungsplans entdeckt zu haben.

Im Jahr 1600 holte ihn der berühmte dänische Astronom Tycho Brahe zu sich nach Prag. Kepler sollte ihm helfen, seine jahrzehntelang gesammelten Beobachtungsdaten auszuwerten. Solche Daten über Planetenpositionen sowie Auf- und Untergangszeiten vieler Sterne waren wichtig für Kalender, Wetterberichte und Horoskope.

Die Zusammenarbeit war nicht störungsfrei - und Brahe starb schon im Oktober 1601. Kepler wurde nur Tage später sein Nachfolger als kaiserlicher Hofmathematiker und übernahm auch Brahes Nachlass. Bis in die Moderne hinein wurde er verdächtigt, an dem Tod Tycho Brahes nicht unschuldig gewesen zu sein - bis hin zur Unterstellung eines Giftmordes mit Quecksilber. Doch Forscher der Uni Rostock konnten 2011 nachweisen, dass Kepler damit nichts zu tun hatte.

Die Auswertung der Tycho-Daten dauerte jahrelang, Kepler füllte Hunderte von Seiten mit Rechenoperationen. Am Ende stand für ihn fest, dass sich die Planeten nicht auf Kreisbahnen, sondern in Ellipsen um die Sonne bewegen. Und dass die Sonne diese Bewegung bewirkt. «Nova astronomia», Neue Astronomie, nannte er sein Werk, das 1609 gedruckt erschien. Daraus leitete später Isaac Newton
(1643-1727) sein Gravitationsgesetz ab.

Kepler erklärte auch als erster den «Stern von Bethlehem» als Zusammentreffen der beiden Planeten Jupiter und Saturn. Er verfasste eine «Optik», entwarf ein Fernrohr, erfand eine Zahnradpumpe und schrieb über die Entstehung von Schneeflocken.

Politische Wirren und konfessioneller Streit bewogen den Protestanten Kepler schließlich, Prag zu verlassen. Vergeblich bewarb er sich 1611 um eine Professur an der Uni Tübingen und wurde stattdessen 1612 Landvermesser im oberösterreichischen Linz. Den Posten als Hofmathematiker behielt er, klagte aber über ausbleibende Besoldung. In Linz heiratete Kepler zum zweiten Mal, seine erste Frau war 1611 in Prag gestorben. Insgesamt hatte er elf Kinder, von denen sechs früh starben.

1615 erfuhr er vom Hexenprozess gegen seine Mutter im heimatlichen Leonberg. Kepler übernahm die Verteidigung und erreichte 1621 ihre Freilassung. Dennoch starb seine Mutter ein halbes Jahr später mit 75 Jahren - sie hatte zuvor 14 Monate lang angekettet in einem Kerker verbracht.

Mittlerweile hatte 1618 der Dreißigjährige Krieg begonnen. Auch im katholischen Linz wurde die Lage für Protestanten immer bedrohlicher, und Kepler floh 1626 mit seiner Familie - nach Ulm, Regensburg und wieder nach Prag. Mit Zustimmung des Kaisers trat er 1627 in die Dienste des Feldherrn Albrecht von Wallenstein ein: Der brauchte dringend Horoskope von einem kundigen Gelehrten.

Weil auch Wallenstein angesichts klammer Kriegskassen nur zögerlich zahlte, reiste Kepler im Oktober 1630 nach Regensburg, um dort vor dem Reichstag seine Gehaltsforderungen geltend zu machen. Er hatte keinen Erfolg. Am 15. November 1630 starb Kepler im Alter von 58 Jahren. Seine Grabstelle in Regensburg ist nicht erhalten: Der Friedhof wurde schon drei Jahre später aufgegeben, weil die katholischen Besatzer der Stadt freies Schussfeld gegen die anrückenden, protestantischen Schweden brauchten.

Im März 2009 startete die NASA das Teleskop «Kepler». Es sollte erdähnliche Planeten in fernen Sternensystemen aufspüren. Mehr als 5.000 solcher Objekte wurden bis Oktober 2018 gefunden. Doch wie exotisch sie im Einzelnen sein mögen: Ihre Umlaufbahnen folgen den Gesetzen, die Johannes Kepler einst gefunden hatte.

Hemleben, Johannes: Kepler, rowohlts monographien, 1971, Reinbek bei Hamburg Lemcke, Mechthild: Johannes Kepler, rowohlts monographien, 1995, Reinbek bei Hamburg Fischer, Ernst Peter: Johannes Kepler (1571-1630), in: Die kosmische Hintertreppe, nymphenburger, 2009, München Heather Couper, Nigel Henbest: Die Geschichte der Astronomie, Frederking&Thaler Verlag, München, 2008

Autor:

Katja Schmidtke

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