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Oskar Schindler starb vor 50 Jahren
«Für uns war er ein Heiliger»

Eingang zum katholischen Friedhof auf dem Zionsberg. Eine Hinweistafel über dem Eingang markiert den Weg zum Grab von Oskar Schindler. Auf eigenen Wunsch lies sich Schindler, der in der NS-Zeit zahlreichen Juden das Leben rettete, dort begraben. Nach jüdischem Brauch legen Besucher immer wieder kleine Steine auf das Grab. | Foto: epd-bild / Fröhlich
  • Eingang zum katholischen Friedhof auf dem Zionsberg. Eine Hinweistafel über dem Eingang markiert den Weg zum Grab von Oskar Schindler. Auf eigenen Wunsch lies sich Schindler, der in der NS-Zeit zahlreichen Juden das Leben rettete, dort begraben. Nach jüdischem Brauch legen Besucher immer wieder kleine Steine auf das Grab.
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Als NSDAP-Mitglied rettete er 1.200 Jüdinnen und Juden das Leben: Oskar Schindler. Bis zu seinem Tod vor 50 Jahren blieb er einer größeren Öffentlichkeit unbekannt.

Von Jens Bayer-Gimm (epd)

Es war ein einzigartiger Menschenzug, der am 28. Oktober 1974 durch die gewundenen Gassen der Jerusalemer Altstadt stapfte. Hunderte folgten dem von Holocaust-Überlebenden getragenen Sarg zur christlichen Trauerfeier. Auf dem katholischen Friedhof auf dem Zionsberg ist in die Grabplatte eingraviert: «Oskar Schindler - 28.4.1908 - 9.10.1974», auf Hebräisch: «Chasid Umot ha-Olam» (Ein Rechtschaffener unter den Völkern der Welt), auf Deutsch: «Der unvergessliche Lebensretter 1.200 verfolgter Juden». Die bewegende Szene, wie unzählige Trauernde einen Stein auf die Grabplatte legen, beschließt Steven Spielbergs Film «Schindlers Liste».

Oskar Schindler starb vor 50 Jahren, am 9. Oktober 1974, im Alter von 66 Jahren nach einem Aufenthalt bei Freunden in Hildesheim. Schindler stammt aus einer sudetendeutschen Familie in Zwittau, dem heute tschechischen Svitavy. 1939 tritt er in die NSDAP ein. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Polen übernimmt er im Herbst 1939 eine Emailwarenfabrik und 1940 eine Glashütte in Krakau. Dort schafft er den Mitarbeitern einen Schutzraum, versorgt sie mit Lebensmitteln und Kleidung vom Schwarzmarkt und rettet immer wieder Juden und Mitglieder des polnischen Widerstands vor Gefangennahme und Hinrichtung.

Auf mehreren Reisen nach Budapest berichtet er dem «Jewish Rescue Committee» über die Ermordung und Vergasung von KZ-Häftlingen. Im Herbst 1944 wird das Lager der Mitarbeiter aufgelöst. Schindler schafft es, mittels einer Liste von knapp 1.100 angeblich unabkömmlichen Arbeiterinnen und Arbeitern 800 Männer aus dem KZ Groß-Rosen und 300 Frauen aus Auschwitz-Birkenau freizubekommen. Er sichert ihr Überleben in einer Fabrik in Brünnlitz, dem heute tschechischen Brnenec, unter Mithilfe seiner Frau Emilie mit seinem Vermögen und der Überlistung der örtlichen SS.

«Für uns war er ein Heiliger, ein Halbgott, mindestens aber ein Wächterengel. Retten konnte uns einzig ein Wunder - und dieses Wunder hat er eigenhändig vollbracht», sagte der Gerettete Nachum Manor an Schindlers 31. Todestag an dessen Grab. Die ehemalige Krakauer Mitarbeiterin Janina Olszewska berichtete über Schindler: «Wahnsinnig gern gab er anderen etwas. Er hatte den Glauben eines Pokerspielers, dass seine Unternehmungen gelingen würden. Er meinte, das Leben habe Sinn, solange man jemanden rettet.»

Außerhalb Israels blieb Oskar Schindler zeitlebens in der breiten Öffentlichkeit unbekannt. Nach dem Krieg fasste er beruflich nicht mehr Fuß, er lebte von einer kleinen Rente und Zuwendungen seiner Geretteten. Seine Frau Emilie war nach einer Ausreise beider nach Argentinien nicht mit nach Deutschland zurückgekehrt. In Frankfurt am Main war es der damalige evangelische Stadtjugendpfarrer Dieter Trautwein (1928-2002), der Schindler in einer Dachkammer am Bahnhofsviertel entdeckte und 1967 auf einem Podium vorstellte.

Trautweins Tochter Ulrike erinnert sich noch gut an ihn: «Als Kind habe ich Oskar heiß und innig geliebt», erzählt die Pfarrerin und Berliner Generalsuperintendentin dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Er war unglaublich großzügig und brachte bei Besuchen immer volle Tüten an Süßigkeiten mit.»

Dieter Trautwein wollte unbedingt die Geschichte Schindlers bekanntmachen und lud ihn zu Veranstaltungen ein. «Alles fand keinen Widerhall. Viele Nazis waren wieder auf Posten, und viele wollten nicht über die Judenvernichtung sprechen», berichtet Trautweins Tochter Katja Praetorius. Trautwein erklärt in seinem Buch über Schindler: Dessen Geschichte sei verdrängt worden, weil sie eine Anklage gegen alle gewesen sei, die an Verbrechen beteiligt waren. Und sie sei eine Anfrage an alle gewesen, die geschwiegen und nicht geholfen hatten. Der von Schindler gerettete Itzhak Stern kommentierte: «Oskar Schindler hat bewiesen, dass es trotz Terror möglich war, seine Menschenpflicht zu tun.»

Es war einer von Schindlers Geretteten, Leopold Pfefferberg alias Page (1913-2001) aus Los Angeles, der den Stein zu Schindlers posthumem Ruhm ins Rollen brachte. Als der australische Schriftsteller Thomas Keneally 1980 sein Ledergeschäft aufsuchte, verstand es Page, ihn für Schindlers Geschichte zu begeistern. Nach ausführlichen Recherchen veröffentlichte Keneally 1982 den Roman «Schindler's Ark» (deutsch 1983: Schindlers Liste), der den renommierten Booker Prize gewann.

Danach regte Page mithilfe des Romans den Hollywood-Regisseur und -Produzenten Steven Spielberg an, einen Film zu drehen. Das Werk aus dem Jahr 1993, das Schindler auch als Lebemann zeigt, wurde mit sieben Oscars ausgezeichnet und machte ihn knapp 20 Jahre nach seinem Tod weltberühmt.

In Frankfurt hängt an Schindlers früherem Haus «Am Hauptbahnhof 4» eine Gedenktafel. Unter dem Relief des Retters stehen Trautweins Zeilen in Anspielung auf Oskar Schindlers Baum in der «Allee der Gerechten unter den Völkern» in Jerusalem: «Es wächst ein Baum in Israel, der sagt, was Mut vermag. Es wächst ein Baum in Yad Vashem, der Trägheit tief beschämt. Es wächst ein Baum in Israel, der fragt, wer heute hilft.»

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