Neuerscheinung: Kunstraub in Museen diente in der DDR der Devisenbeschaffung
Geklaut, verkauft oder versteckt
Ach, wäre’ ich doch ein Pflasterstein, ich könnte längst im Westen sein.“ Der DDR-Spruch sagt viel über die Art und Weise, in der das Land versuchte, Devisen in Millionenhöhe im westlichen Ausland zu erwirtschaften. Doch widmet sich Klaus Behling in seinem neusten Buch „Auf den Spuren der alten Meister“ nicht historischem Pflaster, sondern er begibt sich auf Spurensuche nach Kunst und Kulturschätzen.
Der Ex-DDR-Diplomat recherchierte intensiv zum deutsch-deutschen Kunsthandel. Maß-und skrupellos sei der Ausverkauf von Kulturgut durch die devisenklamme DDR be-trieben worden. Klaus Behling beleuchtet Tatsachen und Hintergründe rund um Kunsthandel und Kunstraub in der DDR, berichtet von geschehenem Unrecht und streift durch die Grauzonen der SED-Kultur- und Finanzpolitik. Die stets propagierte Pflege des nationalen Kulturerbes stand auf der einen Seite der Medaille, fehlende Mittel, um Ererbtes zu be-wahren, auf der anderen.
So entstand ein Doku-Krimi voller brisanter Fakten, die bei einigen Akteuren durchaus Widerspruch hervorrufen. Eingestimmt werden die Leser des dicken Buches aus der eher als DDR-Postkartenverlag bekannten Edition „Bild und Heimat“ durch einen Essay von Bettina Klemm, die neues Licht auf unvollständig geklärte Kunstraub-Fälle in der Nachwendezeit wirft. Dazu zählen die Einbrüche ins Weimarer Residenzschloss ebenso wie der Porzellan-Klau im Schlossmuseum Arnstadt. Der ehemalige Bezirk Halle galt in der Nachwendezeit als Schwerpunkt des Diebstahls von Altargegenständen wie Taufbestecken und Leuchtern.
Die DDR-Schattenwelten gestalteten Menschen mit, die sich durch den Kauf und Weiterverkauf kleinerer Antiquitäten erst ein Zubrot verdienten, zu Millionären im sozialistischen Staat heranwuchsen, das Land mit einem Netz für sie arbeitender Kunst-Agenten überzogen, dem Staatlichen Kunsthandel sowie der von der Stasi kontrollierten Kunst und Antiquitäten GmbH Partner und letztlich Gegner wurden. Alles, was antik war, wurde aufgekauft: Krüge und Zinnteller, historisches Spielzeug und alte Puppen, Oldtimer und Kutschen, Gemälde und Porzellan, Standuhren und Möbel. All das sollte der DDR im Überlebenskampf helfen und füllte die Taschen teils windiger Westpartner später mit Millionenbeträgen.
Doch zogen nicht nur Aufkäufer durch die Galerien, Wohnungen und Scheunen, systematisch ging es auch an die Schätze privater Sammler, die der Steuerhinterziehung im großen Stil bezichtigt wurden und deren Kunst beschlagnahmt wurde, um sie gewinnbringend in den Westen zu verscherbeln. Viele Fragezeichen stehen hinter vielen Kunstraub-Fällen, deren Beute nie wieder auftauchte. Behling konstatiert, dass die Grenzen zwischen legitimem, legalem und illegalem Handel oft verwischten.
Trotzdem geht es nicht allein um den Ausverkauf der Kulturgüter zwischen Ostsee und Erzgebirge, sondern auch um den Kunsthandel in der DDR und spektakuläre Kultur-Geschichte(n), die auch in Mitteldeutschland große Wellen schlugen. Dazu zählt der Altar von Klieken (Sachsen-Anhalt) aus der Cranach-Schule, der 1980 verschwand und nach der Wende in Bamberg zum Verkauf angeboten wurde. Nach mehreren Wendungen ist er seit 2013 wieder gut gesichert am Ursprungsort zu sehen. Uwe Kraus
Behling, Klaus: Auf den Spuren der alten Meister. Kunsthandel und Kunstraub in der DDR, Verlag Bild und Heimat, 446 S., ISBN 978-3959581646, 19,99 Euro.
Autor:Online-Redaktion |
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