Kommentar
Gottesdienst mit Nachspiel
Von Willi Wild
Ein schöner Kantatengottesdienst. Vom Anfang bis zum Schluss. Fast bis zum Ende. Der Reformationsgottesdienst hatte eine durchdachte Dramaturgie. Er begann mit dem Choral „Nun danket alle Gott“ aus der Bach-Kantate BWV 79 „Gott, der Herr ist Sonn und Schild“. Der Choral wurde vor der Predigt wiederholt. Und er sollte am Ende mit der Choral-Variation zu „Nun danket alle Gott“ von Sigfrid Karg-Elert, dem Marche triomphale, seinen Höhepunkt finden, wie mir der Kirchenmusikdirektor und Organist im Nachgang erklärte.
Aber was war das? Kaum hatte der Pfarrer den Segen gesprochen, verließen die Gottesdienstbesucher laut schwatzend und lachend die Kirche. Nur wenige blieben sitzen. Auch wenn das letzte Musikstück im Gottesdienst als Nachspiel be-zeichnet wird, gehört es – um die Fußballsprache zu bemühen – immer noch zur regulären Spielzeit. Das Orgelnachspiel ist kein „Rausschmeißer“. Musik ist nach Martin Luther Teil der Verkündigung, nicht Beiwerk.
Man stelle sich vor, Konzertbesucher gingen während des Finale furioso aus dem Konzertsaal. Undenkbar. Ich halte diese Unsitte zudem für eine Missachtung der künstlerischen Leistung und unserer großartigen Kirchenmusik. Und dabei war in der Predigt kurz zuvor noch die Rede von der Liebe zu Gott sowie der Wertschätzung untereinander.
Ich wünsche mir, dass wir wieder den gesamten Reichtum unseres Glaubens, unserer Kirchenmusik und unserer geistlichen Gemeinschaft entdecken und schätzen lernen. Wir haben dazu als Konsumenten gerade in der vor uns liegenden Advents- und Weihnachtszeit viele Gelegenheiten. Vielleicht nehmen Sie ja an meiner Kritik Anstoß, um selbst aktiv zu werden. Die Chöre freuen sich über Zuwachs.
Autor:Online-Redaktion |
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