Anselm Grün wird 75
"Manchmal habe ich es genossen"
Er ist Bestsellerautor und einer der bekanntesten Benediktinerpater weltweit: Anselm Grün. Schon vor fünf Jahren hat der ruhige, fast schüchtern wirkende Mann mit dem weißen Rauschebart sich selbst verordnet, ein wenig kürzerzutreten, geklappt hat das nicht so richtig. Kurz vor seinem 75. Geburtstag am 14. Januar spricht er mit Daniel Staffen-Quandt über seinen vollen Alltag, Dankbarkeit – und den Umgang mit Macht in der Kirche.
Vor Ihrem 70. Geburtstag hatten Sie gesagt, Sie wollten künftig «etwas kürzertreten». Hat das funktioniert?
Anselm Grün: Das hat leider nicht so geklappt. Es wurden doch viele Reisen und viele Vorträge. Aber dieses Jahr habe ich mir mehr Lücken gelassen. Ich hoffe, dass ich die Lücken verteidigen kann.
Stehen sie immer noch regelmäßig frühmorgens auf, um mehrere Stunden zu schreiben?
Ja, normalerweise habe ich am Dienstag- und Donnerstagmorgen zwischen sechs und acht Uhr Zeit zum Schreiben. Aber da ich nicht mehr Cellerar (Klosterverwalter) bin, kann ich manchmal auch nachmittags schreiben. Aber das hängt immer von den Gesprächen, Kursen und Vorträgen ab, die ich zu halten habe.
Was sind Ihre aktuellen Projekte?
Ich bin gerade dabei, ein Buch über den Umgang mit Macht zu schreiben, einmal im Bereich der Kirche, dann in den persönlichen Bereichen wie Familie und Vereinen, und schließlich in Firmen und in der Politik. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Umgang mit Macht in der Kirche. Die Kirche spricht ja meistens vom Dienst. Aber dann wird Macht eben versteckt ausgeübt. Und das ist nie gut.
Kirchenpolitisch ist einiges im Umbruch – Sie haben sich nie als kirchenpolitischer Autor verstanden. Warum eigentlich nicht?
Mein Augenmerk liegt darauf, wie ich dem Einzelnen helfen kann, sein Leben aus dem Glauben heraus zu leben. Natürlich schreibe ich manchmal auch über die Kirche, einmal über das Miteinander in der Gemeinde, dann wie jetzt über den Umgang mit Macht. Aber ich fühle mich nicht als einer, der die Lösung für die Kirche der Zukunft parat hat. Mir liegt es nicht, Bischöfe oder Verantwortliche anzugreifen. Ich sage schon meine Meinung, wenn mich die theologische Meinung mancher Bischöfe ärgert, weil sie oft theologisch nicht begründet ist.
Wie feiern Sie Ihren 75. Geburtstag?
Am Samstag nach meinem Geburtstag, am 18. Januar, wird es ein Symposium geben. Diesmal geht es um meine Lebensträume, die ich in der Jugend hatte. Wie weit sind sie in Erfüllung gegangen, und welche Inspirationen haben meine Lebensträume in anderen hervorgerufen? Dabei geht es einmal um den Bereich Firmenkultur, dann persönliche Verwandlung, therapeutische Dimension der Seelsorge und missionarisches Wirken in Deutschland und in Asien, auch um Ökumene, die einfach durch meine Bücher und Vorträge entsteht.
Ihre Bekanntheit und Ihr Ruhm waren Ihnen irgendwie zuwider, haben Sie immer wieder gesagt – aber haben Sie das nicht auch manchmal genossen?
Natürlich habe ich manchmal auch genossen, wenn ein Vortrag ausverkauft war und die Leute sich bedankt haben. Aber das Genießen ist immer nur kurz. Wichtiger ist mir die Dankbarkeit. Ich bin dankbar, wenn die Säle voll sind und die Menschen sich berühren lassen. Die Dankbarkeit weiß, dass es nicht mein Verdienst ist, sondern auch Geschenk von Gott. Und das nehme ich dankbar, aber auch – so weit es mir gelingt – demütig an.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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