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Zum 150. Geburtstag
Max Reger: Ein Leben am Limit

Max-Reger-Orgel in der ev. Weihnachtskirche in Berlin-Haselhorst | Foto: epd-bild/Jürgen Blume
  • Max-Reger-Orgel in der ev. Weihnachtskirche in Berlin-Haselhorst
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Robert Schumann und Max Reger versuchten sich zu ertränken. Bei Schumann war die Ursache Syphilis, bei Reger die Tatsache, dass die katholische Kirche ihn exkommunizierte – er hatte die geschiedene Protestantin Elsa von Bagenski geheiratet.

Von Wolf-Günter Leidel

Das ist eine Anekdote von vielen aus einem außergewöhnlichen Musikerleben.
Seinen Anfang nahm es am 19. März 1873 in Brand in der Ober­pfalz. Heute, 150 Jahre später, gilt Johannes Baptist Josef Maximilian Reger als einer der wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Insbesondere durch seine Komposi-tionen für die Orgel erlangte er Berühmtheit. Der einzige Mensch, der anfangs Regers Orgelwerke spielen konnte, war Karl Straube. Regers Frau Elsa indes schien keine großen Sympathien für den Organisten und Leipziger Thomaskantor gehegt zu haben. „Dieser arrogante Intellektuelle, der immer deine Stücke bearbeitet und kürzt“, soll sie einmal gesagt haben.

Regers Musik ist groß, gewichtig und komplex. Formal dient ihm der Barock als Bezugsquelle, mit Johann Sebastian Bach als Vorbild. Klanglich nimmt seine Musik Anleihen in der Tradition in den Vertretern der Romantik, so bei Brahms und Liszt. Zu Lebzeiten war Reger gefeiert wie kaum ein anderer Komponist. Gleichwohl sah er sich, gerade im Hinblick auf seine Orgelwerke, Anfeindungen seitens der nationalistisch-traditionalistischen Musikszene ausgesetzt.

Bei den Nationalsozilisten sollten die spätromantischen "Dekadenzorgel-Pneumosaurier" verhasst sein, besonders auch wegen des Registers „Vox coelestis“ und ihres „süßlich-verweichlicht femininen jüdisch-sentimentalen“ Klanges. Helmut Walcha, zu dieser Zeit Professor für Orgel in Frankfurt, verbot seinen Studierenden gar Reger zu spielen. Seine Musik zu spielen sei für eine Karriere schädigend, meinte er.

Als Komponist war Reger herausragend. Doch wer war der Mensch hinter den Noten? Reger war wohl das, was man heute einen "Workaholic“ nennen würde. „Ich bin zehn Kilometer tief in Arbeit“, hat er einmal auf einer Postkarten geschrieben. Dabei war die Zahl zehnmal unterstrichen. Die herrliche „Introduktion und Passacaglia“ in d-Moll schrieb er an nur einem Tag. „Das Ding" könne jeder vom Blatt spielen, meinte er. Doch tatsächlich ist es dazu doch zu schwer. Ein anderes, gar nicht kurzes Orgelstück schrieb er, als ihm sein Lehrer Adelbert Lindner in Weiden eine Limonade bereitete, um den „Zechkater“ des Schülers zu heilen. Überliefert ist sein Satz: „Ich mache gerade eine Alkoholentziehungskur: nur sechs Glas Bier pro Tag!“ Für seinen besonderen Humor war Reger bekannt.

In Jena soll er im Hotel „Schwarzer Bär“ eines Abends solche Zoten erzählt haben, dass alle Frauen mit rotem Kopf unter Protest die Gaststätte verließen. Seine Frau Elsa habe gar ihren Regenschirm genommen und damit auf ihn eingeschlagen.

Ein paar Kilometer weiter westlich, in Weimar, habe Reger einmal mit dem Herderkirchenorganisten Arno Landmann im „Russischen Hof“ zusammen gesessen. Kurz vor der Polizeistunde habe sich Reger 18 Glas Bier bestellt. Der Polizist muss wütend zugeschaut haben. Unweit vom "Mon Ami" soll Reger dann die Blase gedrückt haben, so dass er sich am nahen Brunnen Erleichterung verschaffte. Der Polizist sah wohl seinen Moment gekommen und forderte zehn Mark Strafe von ihm. Reger soll ihm 20 Mark gegeben haben mit den Worten: „Dafür derfsde auch mal.“

Andernorts, in Bochum, wo Reger eine Rede halten sollte, habe ihm Elsa ein Glas Milch gereicht. Vor Wut habe er daraufhin in der Küche 22 Glas Bier bestellt – und sei schließlich völlig betrunken gewesen. Daraufhin muss Elsa einen Stuhl nach ihm geworfen haben – in Gegenwart von Karl Straube, Leiter des Thomanerchors, und dem Komponisten Richard Strauss.

Nach seinem Tod schrieb Elsa ihre Memoiren. Sie trugen den Titel „Mein Leben mit Max Reger“. Treffender hätte es wohl „Mein Leben gegen Max Reger“ heißen müssen. Die Aschenurne wollte sie in Jena beisetzen lassen, das aber war zu teuer. Sie zog 1922 nach Weimar, wo Reger für einige Jahre auf dem Hauptfriedhof seine vorerst letzte Ruhe finden sollte. Inzwischen liegt der Komponist auf dem Waldfriedhof in München begraben, während Elsa neben Clara Wieck-Schumann in Bonn beigesetzt ist.

Was bleibt von Max Reger? Als Komponist schafft er, was keinem in seiner Zeit gelingt: Er synthetisiert die beiden verfeindeten musikalischen Stränge im 19. Jahrhundert, Richard Wagner und Johannes Brahms. Das ist sein Vermächtnis – und es ist ein enormes Verdienst!

Der Autor ist em. Musikprofessor. 

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