Rolf Zuckowski wird 75
«Musik ist eine göttliche Kraft»
Seine Lieder kennen bis heute große und kleine Leute. Die «Weihnachtsbäckerei» oder sein Geburtstagslied «Wie schön, dass du geboren bist» sind zeitlose Klassiker geworden. Der Hamburger Liedermacher Rolf Zuckowski wird am 12. Mai 75 Jahre alt, am 6. Mai erscheint zudem seine Autobiografie «Ein bisschen Mut, ein bisschen Glück». Mit Franziska Hein sprach er über seine eigene Kindheit und darüber, warum seine Lieder so oft ermutigend sind.
Wie erklären Sie sich selbst das Phänomen Rolf Zuckowski?
Rolf Zuckowski: Ich würde das Wort «Phänomen» für mich nicht in Anspruch nehmen. Aber Musik ist ein Phänomen. Egal ob kleine Lieder oder große Werke - Musik ist eine göttliche Kraft für mich, die uns durchdringt und die uns durch viele Lebensstationen helfen kann. Sie hilft, zu uns selbst zu finden und mit anderen zusammen zu finden.
Dass mir das gelungen ist, ist mein ganz großes Lebensglück. Ich kann es nicht erklären. Ich kann nur dankbar dafür sein.
Wie viel von Ihnen steckt in den Texten und Liedern?
Ich lebe immer noch ganz intensiv mit meinen Liedern. Ich war immer gern nah dran an den Menschen. Auch meine Konzerte waren selten so groß, dass man sich nicht auch hinterher persönlich begegnen konnte. Ich glaube, die Menschen spüren, dass viel persönliche Ausstrahlung in meiner Musik steckt.
Sie waren als junger Vater jahrelang auf Tournee. War das für Sie auch mal schwierig?
Ich habe die Musik, die in unserer Familie entstanden ist, nach außen getragen. Dadurch konnten sich meine Frau und meine Kinder gut vorstellen, was ich mache, wenn ich unterwegs bin. Und wenn ich nach Hause kam, hatten meine Kinder viel von mir. Ich hatte dann viel Luft und konnte die Abwesenheiten gut ausgleichen. Wenn ich unterwegs war, wurde viel telefoniert. Meine Familie wusste immer, wo ich gerade unterwegs bin und wie es mir geht, und ich wusste umgekehrt, wie es zu Hause ist.
Gerade in Ihren Weihnachtsliedern kommt eine Frömmigkeit zum Ausdruck, die nicht aufdringlich ist für Menschen, die vielleicht wenig mit Glauben und Religion anfangen können. Wie stehen Sie selbst zu Religion?
Diesen ganz persönlichen Gott erfahre ich nur selten, ich empfinde eher eine Art göttliche Seelengemeinschaft. Diese Lieder entsprechen ganz dem, was ich empfinde. Die Beziehung zum Glauben ist für mich eher psychisch. Es ist ein Gefühl, geborgen zu sein in einer Welt, in die man hineingeboren wurde, und ein Gefühl vertrauen zu können, dass es richtig ist, dass man geboren wurde. Das Lied «Einmal Leben» ist für mich wie ein Glaubensbekenntnis. Darin geht es darum, dass wir alle mit Talenten geboren werden, die wir an andere weitergeben.
Die Schöpfung ist ja nicht abgeschlossen, sie geht jeden Tag weiter und wir haben einen kleinen Teil daran, dass es gut wird - zumindest soweit wir es mit unseren beschränkten Kräften fördern können.
In Ihrer Autobiografie beschreiben Sie, dass Ihr Vater als Seemann häufig abwesend war, zudem war er alkoholkrank und beging schließlich Suizid. Hat sich das auf Ihre Art, Musik zu machen, ausgewirkt?
Meine Musik spiegelt wider, wie meine Kindheit überwiegend war. Die ernsten, traurigen und teilweise erschütternden Erlebnisse haben wir auch gehabt. Aber die Grundstimmung war erbaulich und fröhlich. Meine Mutter hat viel gesungen, mein Vater hat vor allem Mundharmonika gespielt. Wir hatten unsere kleine Kinderwelt mit Rausgehen, Spielen, Freunde treffen, den Großeltern im Gemüseladen helfen. Das war keine traurige Kindheit.
Dass meine Lieder so oft ermutigend sind, das liegt daran, dass ich auch durch die Lebensgeschichte meines Vaters gelernt habe, wie wichtig Selbstvertrauen ist. Ich versuche den Menschen - den großen und den kleinen - zu sagen, vertrau auf dich und deine Kräfte - und auf höhere Mächte. Das Lied «Ich schaff das schon» ist vielleicht das wichtigste Lied, das ich geschrieben habe.
Welches Lied ist Ihrer Meinung nach Ihr bekanntestes Lied?
Viele würden sagen, das ist «In der Weihnachtsbäckerei», dicht gefolgt von «Wie schön, dass du geboren bist». Die Weihnachtsbäckerei ist im Schlager- und Popbereich sicherlich das bekannteste Lied von mir. Es wird auch viel gesungen.
«Wie schön, dass du geboren bist» ist zu einem Geburtstagsstandard geworden und ist auf heimliche Weise vielleicht nicht weniger bekannt, nur dass viele nicht wissen, dass es von mir ist. Beide Lieder sind vielleicht auch ein Stück Volksmusik geworden. Irgendwann wird man gar nicht mehr wissen, dass sie von mir sind. Das ist doch toll!
Hat der Kinderlieder-Macher schon immer in Ihnen gesteckt?
Die entscheidende Weichenstellung war sicherlich, dass meine Frau und ich früh Eltern geworden sind. Ich war 24, meine Frau 21. Die kindlichen Lieder sind in unser Leben gekommen, weil meine Tochter Anuschka, die Jahrgang 1971 ist, schon sehr früh gesungen hat. Sie hat natürlich die traditionellen Kinderlieder gesungen. Die Lieder sind wunderschön, aber sie handelten nicht von ihrem Leben. In unserem Leben klapperte jedenfalls keine Mühle am rauschenden Bach.
Deswegen habe ich angefangen, mir kleine Lieder auszudenken. Das waren am Anfang Verkehrs-Lieder wie «Was zieh ich an» oder «Zebrastreifen». Später habe ich die Vogelhochzeit vertont und als LP herausgebracht, und nebenher habe ich Songs für die Schweizer Gruppe Peter, Sue & Marc oder auch Nana Mouskouri geschrieben. Das war der Anfang für alles, was sich später entwickelt hat.
Bekommen Kinder Ihrer Meinung nach heute genügend musikalische Bildung?
Es gab noch nie eine Zeit mit so vielen musikalischen Angeboten für Kinder wie heute, auch wenn sie natürlich ungleich verteilt sind. In der Zeit, in der meine Kinder klein waren, gab es nicht annähernd so viele Angebote. Musikschulen gibt es überall, Chöre auch. In vielen Schulen kommt der Musikunterricht immer noch zu kurz. Aber in den Kindertagesstätten gibt es inzwischen viele Möglichkeiten, die Kleinen spielerisch zu einem aktiven Musikleben zu führen.
Von den Eltern muss immer noch der entscheidende Impuls ausgehen. Wenn die Kinder merken, dass die Eltern Musik schön und wichtig finden, dann dringt das auch in die Kinder hinein. Wenn die Eltern selbst nicht gern singen, ist es schade. Dann sollten sie wenigstens erkennen, wie wichtig Musik für ihre Kinder ist, und externe Angebote suchen. Wenn Kinder Musik nicht entdecken können, verpassen sie viele Möglichkeiten sich zu entfalten - auch gemeinsam mit anderen.
Warum ist Musik für Kinder so wichtig?
Eigentlich ist die Musik eine Art Universum, von dem man wirklich nicht weiß, wo es aufhört. Musik verbindet die Herzen so stark durch die Schwingungen, die man gemeinsam spüren kann. Das wünsche ich jedem Kind und auch jedem Erwachsenen, das zu spüren.
Wenn man tiefer eindringt, kommt man irgendwann an den Punkt, an dem man Musik selbst erfinden kann. Woher kommt die dann? Das ist Inspiration, das ist göttlicher Funke. In dem Sinne tut sich, wenn die Kinder dran bleiben, für sie eine Welt mit ganz anderen Dimensionen auf. Da kann der Mensch letztlich zum Schöpfer werden.
(epd)
Autor:Online-Redaktion |
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