Musikalisches Reformationsbeben
Antoine Brumels »Erdbebenmesse« der Ensembles amarcord und Calmus
Von Matthias Caffier
In der Geschichte der Reformation nimmt die im Juni und Juli 1519 veranstaltete Leipziger Disputation zwischen Luther und Eck einen herausragenden Platz ein.
Zur Unterstützung ihrer reformatorischen Ideen diente der Luther-Fraktion auch ein musikalisches Rahmenprogramm. Damals erklang beim Eröffnungsgottesdienst in der Thomaskirche eine Messe mit zwölf Stimmen, »die vor dem nie gehört«. Als Komponist dieser prachtvollen Messe mit dem Titel »Et ecce terrae motus« gilt der Franzose Antoine Brumel (um 1460 – ca. 1513). Dieses »Meisterwerk des Kontrapunktes« (Peter Wollny) haben anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Disputation die Leipziger Vokalensembles amarcord und Calmus auf eine CD gebracht und mit Liedern, Motetten und gregorianischen Gesängen aus dem Umfeld der Reformation ergänzt. Das Ergebnis ist sensationell.
Um die Messe zwölfstimmig aufführen zu können, haben sich die beiden renommierten Ensembles mit zwei erprobten Sopranistinnen verstärkt: Anna Kellnhofer und Isabel Schicketanz.
Durch diese Stimmenkonstellation entsteht ein außergewöhnlich schöner, geistlich inspirierter Gesamtklang, der vermutlich die Qualität der Uraufführung vor 500 Jahren durch die Thomaner noch übertrifft und, wie es im Booklet heißt, »eine Ahnung von der ewigen Harmonie der Sphären und von der Reinheit der Kraft der reinen göttlichen Lehre geben will«.
Brumels Messe stehen musikalische Disputationen der beiden Ensembles mit Werken mehrerer Renaissance-Komponisten gegenüber, darunter Josquin des Préz, Johann Walter und Thomas Stoltzer. Diese werden mit Charme, Witz, sängerischer Intelligenz und Präzision vorgetragen, wobei das Calmus Ensemble die protestantische Seite vertritt und amarcord die katholischen Klänge liefert.
Die Fairness gebietet es, keinen einzelnen Sänger aus dem solistischen Ensemble der zwölf Sänger/innen herauszuheben, obwohl fast jede Stimme ihren kleinen Solopart hat. Aber die Qualität dieser Aufnahme speist sich eben aus dem wunderbaren Zusammenspiel aller Beteiligten. Wer sich von der Qualität dieses musikalischen Juwels überzeugen will, sollte nicht nur die CD erwerben, sondern die Aufführung des Festkonzertes am 16. Juni in der Thomaskirche besuchen, bei dem anlässlich des Thementages »500 Jahre Leipziger Disputation« dieses grandiose Musikspektakel zu erleben sein wird. Der Kartenvorverkauf dazu läuft bereits.
Amarcord & Calmus Ensemble, Leipziger Disputation mit Werken von Antoine Brumel u.a., © 2019 Carus-Verlag, 15,99 €
Autor:Online-Redaktion |
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