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Karneval: "Event-Gefühl" zu Hause schaffen
Närrisch sein daheim

Am vergangenen Aschermittwoch war tatsächlich alles vorbei: An diesem Tag wurde der erste Corona-Fall in Deutschland gemeldet. Der Auftakt der Karnevalssaison am 11. 11. fiel aus; statt voller Straßen und Säle gab es TV-Konzerte, bei denen der Zuschauer allein zu Haus mitsingen konnte. Bei solchen Übertragungen handle es sich jedoch um eine "Schwundform" von Karneval, sagt der Kulturwissenschaftler Thomas Macho. Alle großen Feste seien auf Öffentlichkeit ausgelegt. Manchen geht nichts über den zentralen Rosenmontagszug, andere bevorzugen die kleinen Umzüge in den Stadtteilen.
In diesem Jahr wird es kaum etwas davon geben. Daher fehle allen der gemeinsame Kern, betont die Volkskundlerin Katrin Bauer: "Das unmittelbare Erleben von Gemeinschaft." Dabei gehe es um eine Gemeinschaft, die nur für diesen Moment besteht. Erlebnisse, wie das Bad in der Menge, das Verschmelzen mit dem Augenblick, lassen sich kaum virtuell nachempfinden oder erzeugen. "Wer verkleidet sich schon alleine zu Hause oder nutzt die Märklin-Eisenbahn, um einen Karnevalszug nachzustellen?", fragt Macho.
Auch fehle ohne den Karneval nicht nur ein Ventil für Kritik und Satire. Auch der klassische Rollentausch, der in der demokratischen Gesellschaft noch eine wichtige Rolle spielt, entfällt. Entscheidend sei dabei nicht, "ob der Manager neben dem Angestellten feiert, sondern, dass sie zur Gemeinschaft der Feiernden werden", erklärt Bauer. Ob es um abgesagte Karnevalsfeiern gehe, den ausfallenden Ski-Urlaub oder eine verschobene private Feier: Schon das ganze Corona-Jahr fehlen uns außeralltägliche Erlebnisse, das Gefühl, etwas anderes zu erleben als die Routine, meint Bauer und bringt es auf den Punkt: "Das verbindende Element, das uns allen fehlt, ist das Erleben von Gemeinschaft."
Wichtig sei, sich neue Routinen zu schaffen – und kleine Highlights, die ein "Event-Gefühl" ermöglichten. Macho rät dazu, die häusliche Wärme und Ruhe zu genießen, was an nasskalten Februartagen eben auch eine Wohltat sein könne. Außerdem gelte es, Initiativen wie gemeinsames Online-Singen bewusst wahrzunehmen: "Es ist ganz wunderbar, wenn Kreativität und experimentelle Neugier entstehen. Bei allen Sorgen gibt es auch diese positiven Entwicklungen."

Paula Konersmann (kna) 

Autor:

Online-Redaktion

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