Nicht dein Ernst?
Macht Spaß: Okko Herlyn ist kein Kind von Traurigkeit. Doch geht es dem Theologen nicht allein um Spaß an der Freude. Beim Impulstag der Diakonie Mitteldeutschland kritisierte Herlyn in Vortrag und Kabarett die weichgespülte Botschaft der Kirche.
Von Diana Steinbauer
Erlöster müssten die Christen aussehen, damit ich an ihren Erlöser glauben könnte« hat Friedrich Nietzsche einst gesagt. Lange Zeit schienen es die Kirchen eher mit dem Ernst und der Schwere als mit Humor und Leichtigkeit zu haben. Heute zeigt sich dagegen oftmals ein ganz anderes Bild. Das Kirchenkabarett boomt allerorten, Gottesdienste werden wie Events geplant und gefeiert, alles muss anders und ganz neu und vor allem »ganz locker« sein.
Mit humorvollem Blick greift auch der Theologe und Kabarettist Okko Herlyn so manches Kirchen- und Weltthema auf. Er präsentierte sein Programm beim Impulstag der Diakonie Mitteldeutschland in Arnstadt. »Mit Lockerheit, Leichtigkeit und Spaß will die Kirche heute ihre Sache rüberbringen«, erklärte der 72-Jährige vor seinem Publikum. Das sei nach den Regeln einer Spaßgesellschaft auch plausibel. Doch bestehe dabei die Gefahr, dass die Kirche damit dem allgemeinen Markt auf den Leim gegangen ist. »Paulus hat gesagt, wir sind Narren um Christi willen«, so der Theologe. Das heiße aber nicht, mitzuschwimmen im allgemeinen Strom, sondern impliziere eine heilsame Distanz der Christen zur Welt, die helfe, humorvoll die Mächtigen zu entlarven und ihnen so den Spiegel vorzuhalten. Die Kirche dürfe aber nicht zum Pausenclown verkommen, müsse nicht nur die »Show«, sondern vor allem die Botschaft im Blick behalten, betonte Herlyn in Arnstadt.
Okko Herlyn studierte Evangelische Theologie in Wuppertal, Göttingen, Zürich und Tübingen. Von 1977 bis 1994 war er Gemeindepfarrer in Duisburg. Außerdem lehrte er seit 1991 an der Evangelischen Fachhochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum, wo er 1994 zum Professor berufen wurde. Seit mehr als 20 Jahren ist Herlyn auch als Kabarettist auf zahlreichen deutschen Bühnen vor allem im Ruhrgebiet unterwegs. »Grundsätzlich müssen wir uns, wie Paulus sagt, des Evangeliums nicht schämen«, erklärte Herlyn im Interview. »Wir haben eine gute Botschaft. Dass diese gute Botschaft in der Vergangenheit nicht immer auch gut rüber kam, das ist unbestritten. Wir müssen jetzt nicht das ganze Sündenregister der Christentumsgeschichte aufzählen, sondern können uns in der Tat an dem fest machen, was gut ist«, sagt er.
Die ersten Christen seien Menschen gewesen, die sich trafen, auch wenn das für sie bedrohlich war. »Aber sie waren fröhliche Christen und sind gerne diesen Weg gegangen, und davon kann man sich erstmal eine Scheibe abschneiden«, so der Theologe. Eine positive Einstellung sei das eine, meint Herlyn. Wichtig aber sei, die christliche Haltung zu zeigen – auch öffentlich. »Man muss den Glauben nicht ständig wie eine Monstranz vor sich hertragen. Auf der anderen Seite kommt es aber darauf an, dass man zu dem, wovon man überzeugt ist, steht. Da gibt es viele Situationen auch im Alltag: Da werden problematische Witze gemacht über Homosexuelle, über Behinderte, über Migranten, über Juden: Hören wir da weg? Oder sagen wir denen mutig nein, mach ich nicht mit.« Das Dagegenstehen habe mit der christlichen Überzeugung zu tun, aus der Gläubige keinen Hehl machen sollten.
Zu den eigenen Überzeugungen zu stehen, dazu ermutigte Herlyn seine Zuhörer immer wieder – ob im christlichen Kindergarten, am Arbeitsplatz oder im Restaurant. Denn dort betet der 72-Jährige ganz selbstverständlich und öffentlich. »Beten in der Öffentlichkeit hat etwas Zwiespältiges. Ich mach es meistens, aber nicht so sehr, um große Demonstrationen oder Zeltmissionen abzuhalten, sondern weil ich es für mich selber so gewohnt bin. Und da sehe ich es auch nicht ein, warum ich es woanders anders machen sollte, wenn ich keinen dadurch belästige oder vereinnahme.« Herlyn ist sich aber bewusst, dass heute durchaus Mut dazu gehört, sich in einer, wie er sagt »traditionsvergessenen Welt« und in einer Gesellschaft, in der der Glaube nicht mehr selbstverständlich ist, zum Christsein zu bekennen.
Der Glaube hat für ihn verschiedene Seiten: »Es gibt die Intimität des Glaubens, aber es gibt gleichzeitig auch den Auftrag, mit dem Glauben nicht hinter dem Berg zu halten und seinen Mund aufzumachen. Überall da, wo man – um Gottes Willen – nicht schweigen darf.«
Autor:Online-Redaktion |
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