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Quedlinburg
Schatz als Puzzle

Kunstkrimi: Der Buchdeckel des Samuhel-Evangeliars (um 1225) gehört zu dem lange verschollenen Quedlinburger Domschatz. Verschwunden nach Kriegsende, galt der Kirchenschatz mehr als 40 Jahre als unauffindbar.  | Foto: Foto: epd-bild/Elmar Egner
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  • Kunstkrimi: Der Buchdeckel des Samuhel-Evangeliars (um 1225) gehört zu dem lange verschollenen Quedlinburger Domschatz. Verschwunden nach Kriegsende, galt der Kirchenschatz mehr als 40 Jahre als unauffindbar.
  • Foto: Foto: epd-bild/Elmar Egner
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Vor 30 Jahren kehrten zu Kriegsende gestohlene Teile des Domschatzes nach Quedlinburg zurück. Ein Jahr später erhielt die Stadt den Weltkulturerbe-Titel. Im kommenden Jahr wird das Jubiläum gefeiert – allerdings zum Teil auf einer Baustelle.

Von Oliver Gierens

Gleich drei Jubiläen gibt es in der Welterbestadt Quedlinburg in diesem und dem kommenden Jahr zu feiern. 1993, vor 30 Jahren, kehrten zehn zum Ende des Zweiten Weltkriegs geraubte Teile des Domschatzes auf abenteuerliche Weise in die Stiftskirche St. Servatii auf dem Stiftsberg über der Altstadt zurück. Auch aufgrund dieser glücklichen Fügung wurde die Kleinstadt im Harz ein Jahr später, 1994, in das Weltkulturerbe der Unesco aufgenommen.
Und in diesem Jahr ist Quedlinburg Teil der landesweiten Veranstaltungsreihe „Des Kaisers letzte Reise“. An mehreren Orten in Sachsen-Anhalt wird dabei an den 1050. Todestag des römisch-deutschen Kaisers Otto der Große am 7. Mai 973 erinnert. Kurz vor seinem Ableben zog der Herrscher ein letztes Mal durch mehrere Orte im heutigen Sachsen-Anhalt und hielt unter anderem in Quedlinburg am Ostertag einen glanzvollen Hoftag ab.
Doch diese Reihe ist für Elmar Egner, Kurator und Leiter des Domschatzes, nur ein Nebenschauplatz, wie er erläutert. Zum Jubiläum Ende März dieses Jahres gab es in der Stiftskirche einen „Tag für den Kaiser“ mit einem Historienspiel, in dem der damalige Hoftag in einem Mittelalterspektakel nachgestellt wurde. Für die Verantwortlichen der Stiftskirche war ein anderer Programmpunkt wichtiger: Denn erstmals waren an diesem Tag die seit 2020 wegen Renovierungsarbeiten geschlossenen Ottonischen Gewölbe unter den Schlossgebäuden für die Öffentlichkeit einmalig wieder zugänglich.
Denn ausgerechnet zum 30-jährigen Jubiläum der Rückkehr des Domschatzes ist die Stiftskirche weiterhin eine Baustelle. Eigentlich sollte zum Hoftag im März das seit 2020 geschlossene Museum wieder eröffnet werden. Doch daraus wird erstmal nichts: Verzögerungen am Bau, auch bedingt durch die Coronapandemie, haben nicht nur die Sanierungskosten auf rund 9,5 Millionen Euro steigen lassen, sondern auch den Termin der Wiedereröffnung nach hinten verschoben. „Mitte oder Ende 2025 ist jetzt die Eröffnung geplant“, sagt Kurator Egner.
Zwar ist die Stiftskirche seit Kurzem nicht mehr eingerüstet, doch im Inneren der romanischen Basilika werden die Besucher derzeit in einem hölzernen, provisorischen Kassenhäuschen an einem Seiteneingang empfangen. Im Kirchenraum selbst sind mehrere Infotafeln und Schaukästen aufgestellt, die jedoch nach der Sanierung ins benachbarte Museum umziehen sollen. „Der Blick soll freier werden“, erklärt Egner: „Gerade in einer hellen, romanischen Kirche ist das wichtig.“
Und so sind zum Jubiläum der Rückkehr der gestohlenen Teile des Domschatzes auch keine besonderen Veranstaltungen geplant. Auch die Planungen zum Festjahr 2024 sind noch wenig konkret, sagt Steffi Bethge von der Kulturförderung der Stadt Quedlinburg. Im kommenden Jahr feiere die Stadt mehrere Jubiläen: Den 300. Ge-burtstag des in Quedlinburg gebore-nen Dichters Friedrich Gottlieb Klop-stock (1724–1803), 30 Jahre Kulturkirche St. Blasii und 30 Jahre Welterbetitel. „Aktuell befinden wir uns noch in der Planung“, so Bethge.
In diesem Jahr will Kurator Elmar Egner den Jahrestag nutzen, um den Blick auf die damaligen Umstände der Rückkehr der gestohlenen Domschatz-Teile zu verändern. Im Mai 1945 nahm der US-Leutnant Joe Tom Meador bei der Besetzung der Stadt zwölf Teile des Domschatzes mit in seine Heimat im US-Bundesstaat Texas.
Der Historiker und Jurist Willi Korte spürte die wertvollen Exponate Anfang der 1990er-Jahre auf. Zehn von ihnen kehrten nach Quedlinburg zurück, zwei gelten nach wie vor als verschollen. „Doch es waren viele Puzzleteile, die die Rückkehr des Schatzes ermöglicht haben“, ist Egner überzeugt. Auch die Kulturstiftung der Länder, die Stadt Quedlinburg und die Kirchengemeinde hätten an dem Erfolg mitgewirkt. „Ich möchte nicht, dass da eine Heldengeschichte um Korte erzählt wird, die das Bild verzerrt.“ (epd)

Kunstkrimi: Der Buchdeckel des Samuhel-Evangeliars (um 1225) gehört zu dem lange verschollenen Quedlinburger Domschatz. Verschwunden nach Kriegsende, galt der Kirchenschatz mehr als 40 Jahre als unauffindbar.  | Foto: Foto: epd-bild/Elmar Egner
Die Stiftskirche St. Servatii auf dem Schlossberg wurde im 10. Jahrhundert durch König Heinrich I. als Pfalzkapelle gegründet. | Foto: Foto: epd-bild/Steffen Schellhorn
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