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Rezension
Schuberts Schöpfung oder warum Oma Manfred nur fünf Punkte bekommt

Olaf Schubert, das Wunder im Pullunder, wie Oliver Welke den Dauergast der „heute-show“ ankündigt, ist unter die Buchautoren gegangen. Der Kabarettist, neudeutsch „Comedian“, mit dem wohl unauffälligsten Künstlernamen in der Szene, beschäftigt sich in seinem Erstling mit der Schöpfung, so zumindest will es uns der Buchtitel glauben machen.

Von Willi Wild

Schon der Untertitel „Von Abba bis Zyankali“ sät erste Zweifel. Aber allein mit dem Begriff „Schöpfung“ triggert der gebürtige Plauener die Zirbeldrüse des Interesses beim Kirchenzeitungsredakteur, um im Duktus von Olaf Schubert zu bleiben, der übrigens mit noch bürgerlicherem Namen Michael Haubold heißt. Ob die Wortakrobatik des „überzeugten Besserwissers“ (Haubold über Schubert bzw. Schubert über Schubert) auch zwischen zwei Buchdeckeln funktioniert ist die spannende Frage, bevor man sich den Ergüssen des Bewerters mit Hinter- und Vordergrundwissen hingibt.

Angekündigt ist ein Buch wie das Internet, nur seriöser und ausführlicher: Mit knapp 200 locker beschriebenen Seiten wird da nicht zu viel versprochen. Die Schöpfung in all ihrer Gänze zu beschreiben, das gelang weder der 24-bändigen Brockhaus Enzyklopädie noch der Bibel. Insofern ist das Bemühen Olaf Schuberts nicht hoch genug einzuschätzen und zu loben. In dem bislang gnadenlos unterschätzten Dresdner Humoristen, Schlagwerker und leidenschaftlichen Ost-Germanisten scheint der letzte Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibnitz endlich einen würdigen Nachfolger gefunden zu haben.

Der Dresdner Michael Haubold, alias Michael Rock, alias Olaf Schubert schreibt in der Tradition des sächsischen Real-Phantasten Karl May. Als Rezensent sollte man tunlichst nicht der Versuchung erliegen, mit dem Wortwitz mithalten zu wollen, geschweige ihn zu toppen. Also lassen wir den Meister des gedrechselten Wortes selbst zu selbigem kommen: „Es ist unwichtig, ob wir dieses famose Schöpfungswerk (Damit meint der Autor ausnahmsweise nicht sein eigenes Werk, Anm. d. Red.) dem göttlichen Funken eines himmlischen Demiurgen, den unabänderlichen Gesetzen von Zeit und Raum oder dem pfiffigen Wirken des Gevatters Zufall zu verdanken haben. Keiner von uns war dabei, und so werden wir wohl niemals erfahren, wer einst den fulminanten Urknopf drückte.“

Da möchte man Schubert widersprechen. Gott selbst war dabei und zwar so dermaßen, dass die Autoren des Alten Testaments das Ereignis gleich zweifach aufgeschrieben haben. Und nicht wie Schubert, der „die Schöpfung sozusagen verdichtet, zu einem Brühwürfel komprimiert und in einen gehaltvollen Sud gemaischt hat“. Im Vorwort stellt er im Übrigen klar, dass der Schöpfer durchaus eine Schöpferin oder eine andere schöpfend „tätig gewesene Wesenheit“ gewesen sein könnte. Was den Lesemodus anbelangt, so kann das Nachschlagewerk zur Schöpfung, nach Empfehlung des Autors, vorwärts, rückwärts und quer gelesen werden. „Wo immer Du es aufschlägst, wirst Du fündig.“

Gesagt, getan. Zufällig Seite 110 aufgeschlagen. N wie „Nebel … wurde ähnlich wie Schnee erschaffen, um Flüchtigkeitsfehler des Schöpfers bei der Gestaltung der Landschaft zu kaschieren. Deshalb häufig in Neubaugebieten, aber auch in England und Gütersloh zu beobachten.“ Noch ein Versuch: V wie „Vernunft (Noch) keine Bewertung möglich. War lange Zeit für Denker von Rang das Maß aller Dinge. Hat sich aber nicht durchgesetzt und gilt heutzutage teilweise als überwunden.“ Aller guten Dinge sind drei: „O – Allrounder unter den Vokalen. Häufig als Ausbruch eines Gefühlsausbruchs anzutreffen (O Gott! O du fröhliche!). Nicht zu verwechseln mit der Null! Trotz diverser Abstriche fast volle Punktzahl (Fünf von sechs Sternen, Anm. d. Red.). Denn ohne O wäre der Autor des Buches nur ein Laf.“

Eine fundierte theologische Exegese oder die geistliche Bewertung der Schöpfung sollte nicht erwartet werden. Aber Schubert hat auch nicht den Lehrstuhl für Alttestamentliche Wissenschaften, Schöpfungstheologie oder historisch-kritische Bibelwissenschaft inne. Für alle, die gern mal herzhaft lachen, sei dieses Buch mit mindestens vier von möglichen sechs Sternchen empfohlen.


Schubert, Olaf und Ludwig, Stephan: Schöpfung – Von Abba bis Zyankali, Fischer, 192 S., ISBN 978-3-596-70789-8; 12,00 Euro

Autor:

Willi Wild

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