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Margaret Atwood
Verkaufszahlen steigen nach Trump-Wahl

Foto: epd-bild/Heike Lyding
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Margaret Atwood ist eine hellsichtige und engagierte Autorin mit feiner Ironie. «Der Report der Magd» hat sie bekanntgemacht, als Roman und als Serie. Nach der Wahl von Trump stiegen die Verkaufszahlen des dystopischen Werks erneut an.

Von Christine Süß-Demuth (epd)

Frauenrechte, Rassismus, Klimawandel, religiöser Fundamentalismus und Populismus: Es sind zentrale Fragen, mit denen sich die kanadische Schriftstellerin Margaret Atwood beschäftigt. Die Autorin des Bestsellers «Der Report der Magd» (im Original: «The Handmaid's Tale») feierte kürzlich ihren 85. Geburtstag Jahre, sie kam 1939 in Ottawa zur Welt.

Die 1985 veröffentlichte Geschichte spielt in einer nahen Zukunft, in der ein totalitäres, religiöses Regime die Macht übernommen hat und Frauen zu «Gebärmaschinen» degradiert werden. Atwood schrieb den Roman im Orwell-Jahr 1984 in West-Berlin. Wer jedoch meint, dass die dystopische Erzählung nur ihrer Fantasie entsprungen sei, den korrigiert die zierliche Frau mit dem silberfarbenen Lockenhaar: Sie habe nichts erfunden, all die grausamen Dinge seien so oder so ähnlich schon irgendwo einmal passiert.


Als «Prophetin» wird Atwood oft bezeichnet. So sieht sie sich aber nicht. Auch sei «Der Report der Magd» keineswegs anti-religiös.


Knapp 40 Jahre nach Erscheinen stieg das Buch am Tag nach der Wahl von Donald Trump Anfang November erneut weit nach oben in der Amazon-Verkaufsliste - wie bereits 2017, als Trump erstmals US-Präsident war und der Roman als Serie verfilmt wurde. «The Handmaid's Tale» hat 15 «Emmys» erhalten. Die sechste und letzte Staffel soll im Frühjahr 2025 ausgestrahlt werden.

Im Buch tragen die unterdrückten Frauen rote Umhänge und weiße Hauben. So gekleidet haben US-Amerikanerinnen auch gegen strengere Abtreibungsgesetze protestiert, etwa 2022, als das Recht auf Abtreibung vom Obersten Gerichtshof der USA aufgehoben wurde.

Als «Prophetin» wird Atwood oft bezeichnet. So sieht sie sich aber nicht. Auch sei «Der Report der Magd» keineswegs anti-religiös. Vielmehr wolle sie zeigen, dass Religion auch missbraucht werden könne, hat sie in Interviews betont. Sie bezeichnet sich als Agnostikerin.

Allein vom englischsprachigen Original wurden mehr als acht Millionen Exemplare verkauft. Aber das Buch provoziert noch immer und steht auf dem Index mancher Schulbücherei in den USA. Als Autorin und eine von mehreren Vizepräsidentinnen der weltweiten Schriftstellervereinigung PEN International protestierte sie 2022 gegen die Zensur und präsentierte dafür ein feuerfestes Exemplar von «The Handmaid's Tale».

Regisseur Volker Schlöndorff, der «Die Geschichte der Magd» 1989 verfilmte, beschrieb die Autorin einmal als «eine Stimme der weiblichen Empfindsamkeit, aber auch Unerbittlichkeit für ein anderes Amerika». 2019 erschien mit «Die Zeuginnen» eine Fortsetzung, die mit dem internationalen Booker-Preis ausgezeichnet wurde.

Die kanadische Schriftstellerin, Essayistin und Dichterin Margaret Atwood (M.) ist 2017 in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. Der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller (r.) und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann.  | Foto: epd-bild/Heike Lyding
  • Die kanadische Schriftstellerin, Essayistin und Dichterin Margaret Atwood (M.) ist 2017 in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. Der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller (r.) und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann.
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Atwoods rund 60 Romane, Essays, Kurzgeschichten und Gedichte sind in mehr als 30 Sprachen übersetzt worden. Den internationalen Durchbruch brachte ihr 1969 erschienener Roman «Die essbare Frau».
Sie hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter 2017 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Seit Jahren gilt sie zudem als Kandidatin für den Literaturnobelpreis.

Ende Oktober wurde sie mit dem Hans-Christian-Andersen-Literaturpreis im dänischen Odense geehrt. Atwood verwende Mythen, Märchen, fantastische Narrative, um politische Themen zu illustrieren, hieß es in der Begründung der Jury. Ihre «spekulative Fiktion» sei hohe Kunst.

Immer wieder äußert sie sich politisch, gern mit dem für sie typischen trockenen Humor und feiner Ironie. So sei Andersens Geschichte «Des Kaisers neue Kleider» eine «Parabel für politisches Speichellecken», sagte sie zum Verhalten republikanischer Politiker gegenüber Donald Trump.

Durch ihr Leben zieht sich die Liebe zur Natur: Ihr Vater war Insektenforscher, mit den Eltern verbrachte sie die Sommermonate regelmäßig in der kanadischen Wildnis. Seit vielen Jahren engagiert sie sich für den Vogelschutz und beschäftigt sich mit der Klimakrise, der Verschmutzung der Weltmeere, mit Bürgerkriegen und Flüchtlingskrisen - etwa in ihren Werken «Oryx und Crake» oder «Das Jahr der Flut». Die Mutter einer Tochter, die zweimal verheiratet war, lebt in Toronto.

Sie sorge sich um eine lebenswerte Zukunft - nicht für sie selbst, sondern für die jüngere Generation, erklärt Atwood, die bei «X» mehr als 1,9 Millionen Follower und Followerinnen hat und 286.000 bei Instagram. Trotz der Weltuntergangsszenarien in ihren Werken sei sie Optimistin geblieben, betont sie immer wieder. Derzeit schreibt sie an ihrer Autobiografie - auf Drängen ihres Verlags, wie sie in Fernsehinterviews erklärte. Bis vor Kurzem hatte sie es strikt abgelehnt, eine Autobiografie zu verfassen.

Ein anderes Atwood-Werk werden ihre heutigen Fans nicht lesen können: «Scribbler Moon» (deutsch etwa: Schreiberlings Mond) aus dem Jahr 2014 soll 100 Jahre in einer «literarischen Zeitkapsel» des norwegischen Verlags Future Library Project bleiben.

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Die kanadische Schriftstellerin, Essayistin und Dichterin Margaret Atwood (M.) ist 2017 in der Frankfurter Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. Der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller (r.) und Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann.  | Foto: epd-bild/Heike Lyding
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