Jubiläum: Ausstellungen In Worms und Eisenach
Vor 500 Jahren wurde es für Luther eng
Nachdem Martin Luther im Dezember 1520 den ihm zugestellten Druck der päpstlichen Bann-androhungsbulle vor den Toren Wittenbergs den Flammen übergeben hatte, verbannte ihn Papst Leo X. mit der auf den 3. Januar 1521 datierten Bulle "Decet Romanum Pontificem" aus der Gemeinschaft der Gläubigen.
In Rom nahm man an, der Fall Luther sei damit für die Kirche erledigt. Denn bisher folgte auf den Kirchenbann zwangsläufig die Reichsacht. War die verkündet, konnte jeder den für fried- und rechtlos erklärten Betroffenen festnehmen und der Obrigkeit zur Bestrafung zuführen – oder ihn kurzerhand selbst erschlagen. Aber mit dem Herrschaftsantritt des 1519 zum römisch-deutschen König gekürten und bald darauf vom Papst zum "erwählten Kaiser" ernannten Karl V. hatte sich die Lage verändert.
Der Kaiser hält Wort
Er hatte den Kurfürsten in seiner schriftlich niedergelegten "Wahlkapitulation" versprochen und dies 1520 bei seiner Krönung in Aachen nochmals beeidigt, dass er keinen von der Kirche Gebannten ohne Verhör verurteilen werde. Diese Regelung kam nun Luther zugute. Der junge Herrscher bestellte den verdächtigen Mönch unter der Zusage freien Geleits zum Reichstag nach Worms ein.
In seiner am 18. April 1521 gehaltenen Verteidigungsrede begründete er die Verweigerung des Widerrufs seiner Schriften so: "Wenn ich nicht mit Zeugnissen der (Heiligen) Schrift oder mit offenbaren Vernunftgründen besiegt werde, so bleibe ich von den Schriftstellern besiegt, die ich angeführt habe (Er meinte damit die Propheten und Evangelisten), und mein Gewissen bleibt gefangen in Gottes Wort. Widerrufen kann und will ich nichts, weil es weder sicher noch geraten ist, etwas gegen sein Gewissen zu tun." Luther hat seine Rede nicht mit den gern angeführten Worten beschlossen: "Hier stehe ich und kann nicht anders!"
Dennoch konnten die Stadt Worms und die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau nicht der Versuchung widerstehen, der Landesausstellung den Titel zu geben: "Hier stehe ich. Gewissen und Protest – 1521 bis 2021." Im ersten Teil der Schau geht es um Luthers Auftritt auf dem Reichstag und den sich daraufhin schnell entwickelnden Mythos um das historische Ereignis. Der zweite Teil stellt bedeutende Persönlichkeiten vor, die für ihre Ideale in Wort und Tat eintraten und wie etwa der Bürgerrechtler Martin Luther King oder die Widerstandskämpferin Sophie Scholl nicht selten dafür ihr Leben ließen.
Scheinentführung und Beginn der Bibelübersetzung
Als Luther am 26. April Worms verließ, wusste er, dass ihn Friedrich der Weise in Sicherheit bringen lassen wollte. Auf dem Heimweg nach Wittenberg machte er in Möhra Station, um Verwandte zu besuchen und zu predigen. An seinen Aufenthalt erinnert ein 1861 eingeweihtes Denkmal. Eines der Reliefs stellt Luthers Gefangennahme dar. Am 4. Mai bestieg Luther mit zwei Begleitern in Möhra seinen Wagen und reiste weiter. Bald darauf überfielen Reiter den Wagen und zogen Luther heraus. Das soll sich bei Steinbach ereignet haben. Dort steht seit 1857 ein zehn Meter hohes Denkmal aus Sandstein in Form einer neugotischen Fiale. Sie trägt die Inschrift: "Hier wurde Dr. Martin Luther am 4. Mai 1521 auf Befehl Friedrich d. Weisen Kurfürst von Sachsen aufgehoben und nach Schloss Wartburg geführt." Eine Informationstafel liefert weitere Einzelheiten: Das Denkmal stehe 200 Meter vom Schauplatz der vom Altensteiner Schlossherrn Burkhardt Hund von Wenckheim und Kaspar Hans von Berlepsch, Burghauptmann der Wartburg, ausgeführten "Gefangennahme" entfernt.
Spät in der Nacht traf der Burghauptmann mit Luther auf der Wartburg ein. Nur er wusste um die wahre Identität des "Gefangenen". Um unerkannt zu bleiben, ließ sich der Mönch Luther die Tonsur zuwachsen, einen Vollbart stehen und nannte sich "Junker Jörg". Er bewohnte die bis heute zu besichtigende "Lutherstube" und einen weiteren Raum im Vogteigebäude der Vorburg.
Am 4. Mai wird auf der Wartburg die Ausstellung "Luthers Ankunft – Alltag auf der Wartburg" eröffnet. Aus Luthers Briefen geht hervor, dass er seinen bis 1. März 1522 währenden Burgaufenthalt als sehr einsam empfand. Aber Stille, Muße und Zwangsisolation können auch vorteilhaft sein. Auf der Wartburg verbrachte Martin Luther eine seiner produktivsten Schaffensperioden. Sie gipfelte in der Übersetzung des Neuen Testaments aus dem Griechischen ins Deutsche.
Veit-Mario Thiede
"Hier stehe ich. Gewissen und Protest – 1521 bis 2021", 17. April bis 31. Oktober im Museum der Stadt Worms
museum-andreasstift.de
"Luthers Ankunft – Alltag auf der Wartburg", 4. Mai bis 27. Februar 2022 auf der Wartburg in Eisenach
wartburg.de
Die Lutherdenkmäler in Möhra und bei Steinbach liegen am Lutherweg
lutherweg2021.de
Autor:Online-Redaktion |
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