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Radfahren
Zwischen Beten und Fluchen

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Beim Radeln kann man himmlisch-irdische Orte entdecken – aber auch höllenähnliche Qualen leiden. Ob ein Bibelvers da helfen kann, und inwieweit sich Fahrradfahren als spiritueller Akt begreifen lässt: Anke von Legat hat das im Gespräch mit Autor und Diakon Michael Peters versucht zu klären.

Radeln für die Seele – was bedeutet dieser Buchtitel für Sie?
Michael Peters: Das hat zwei Seiten: Die Vorstellung, die der Verlag mit dem Begriff Seele verbindet, ist natürlich weit gefasst und hat mit Religion oder Theologie nicht mehr viel zu tun. Da geht es um Wellness, Wohlfühlen, Glück und nicht um religiöse Übungen. Aber darin sehe ich gleichzeitig eine Chance: Als Kirche müssen wir uns ja ohnehin stärker anstrengen, unsere frohe Botschaft zu übersetzen und die Leute da abzuholen, wo sie sind. Darum war es mir wichtig, auch spirituelle Elemente einfließen zu lassen.

Welche sind das?
Ich lade zum Beispiel dazu ein, an Klöstern, Kapellen oder Bildstöcken Pause zu machen. Bei einigen klingen da vielleicht Erinnerungen an Bezüge zur Kirche an, die einmal da waren – andere lassen sich neu inspirieren. Auch das Unterwegssein, die Bewegung, die Ausgewogenheit von Körper und Geist sind spirituelle Erfahrungen, an die ich anknüpfe.

Hat das Radfahren für Sie selbst eine religiöse Komponente?
Radfahren an sich ist für mich zunächst eine sportliche Herausforderung und hat keine direkte religiöse oder spirituelle Bedeutung. Aber den Aufenthalt in der Natur, in Gottes Schöpfung, erlebe ich durchaus als religiöse Erfahrung. Da bin ich ganz nah dran an Pflanzen, Tieren, Menschen.

Gibt es Bibelverse, an die Sie beim Radfahren denken?
Nein, das mit den Bibelversen ist wohl eher eine protestantische Sache … Aber ich lasse mich mit allen Sinnen ansprechen und begeistern. Ich reagiere mit Augen und Bauch auf die Strecken, die ich fahre, und an besonders schönen Stellen geht mir das Herz auf. Da kommt mir dann ein Lied in den Sinn, das gerne bei Hochzeiten gesungen wird: „Da berühren sich Himmel und Erde“ – daran denke ich öfter, wenn ich hier im flachen Münsterland unterwegs bin.

Beten Sie beim Fahren?
Nicht in dem Sinn, dass ich Gebetsworte formuliere – es ist eher ein Beten mit dem Herzen oder den Sinnen. Ich zünde auch gerne eine Kerze an und spreche ein Ave Maria, wenn ich an einer Kapelle oder einem Bildstock anhalte. Aber um ehrlich zu sein, fluche ich auch viel beim Radfahren …

Warum? Weil Sie von Autofahrern bedrängt werden?
Ja, auch das. Aber vor allem ärgere ich mich oft über mich selbst, weil ich mal wieder eine Abzweigung verpasst habe oder mir zu viel vorgenommen habe. Ich gehe gerne an meine Leistungsgrenze und kann dann auch recht gnadenlos zu mir selbst sein. Ein bisschen mehr Gelassenheit zu üben, wäre sicher eine gute spirituelle Herausforderung für mich. Das ist auch mein Wunsch für Menschen, die mein Buch nutzen: dass sie in eine Gelassenheit hineinkommen, sich von der Natur ansprechen lassen, sich etwas gönnen und nicht mit sich ins Gericht gehen.

Sind Sie mit dem Rad auch schon gepilgert?
Ich pilgere mit Leidenschaft, auch weite Strecken, aber nicht mit dem Rad. Für mich ist es besser, zu Fuß unterwegs zu sein, wenn ich die Gedanken schweifen lassen und in eine meditative Haltung kommen möchte. Das Radfahren fordert einfach zu viel Aufmerksamkeit. Das bedeutet natürlich nicht, dass man nicht auch mit dem Rad pilgern kann. Abstand zum Alltag kann man auch damit bekommen, und die Begegnungen, die man hat, können ebenfalls intensiv sein. Aber ich persönlich würde immer laufen, wenn ich mich entscheiden müsste.

Küdde, Jutta und Peters, Michael: Radeln für die Seele. Droste-Verlag, 192 S., ISBN 978-3-7700-2202-1; 16,99 Euro

Michael Peters | Foto: Peters
Autor:

Online-Redaktion

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