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Rezension
Zwischen Selbstbehauptung und Anpassung

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Es ist ein beeindruckendes Buch, das Konrad Flämig da vorlegt: Akribisch hat er umfangreiches Faktenmaterial recherchiert und lesenswert aufbereitet. Somit bekommt der Leser einen weiten und fundierten Einblick in die Geschichte des Gnadauer Kinder- und Jugenddienstes in der DDR.

Von Thomas Käßner

Aber nicht nur das. Zeitgeschichte wird lebendig. Wer die DDR selbst erlebt hat, fühlt sich beim Lesen wieder in die Zeit zurückversetzt, in der der DDR-Staat den Christen zugesetzt hat, um sie dem Glauben und der Kirche zu entfremden. Wer im freien Teil des geteilten Deutschlands gelebt hat, dem vermittelt dieses Buch eine Vorstellung von dem, wie Christen – insbesondere in den Landeskirchlichen Gemeinschaften und ihren Kinder- und Jugendkreisen – Glauben gelebt und weitervermittelt haben. Beachtlich ist auch, welchen enormen Wandel die Christen im Osten nach der friedlichen Revolution nicht nur zu verkraften hatten, sondern auch aktiv mitgestaltet haben.

Der Autor schaut zurück auf die Zeit bis zum Anfang der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts. Das ist die Aufgabe, die er sich selber stellte. Damit ist dieses Buch ein Schatz für das kollektive Gedächtnis des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, des Deutschen EC-Verbandes, aber auch der Evangelischen Landeskirchen in Mitteldeutschland.

Die Lektüre dieses Buches kann aber auch hilfreiche Impulse für die Gegenwart geben. Wer den „Osten“ verstehen, sich vielleicht sogar hauptamtlich in der Gemeinschaftsarbeit oder im kirchlichen Dienst in den östlichen Bundesländern engagieren will, sollte dieses Buch gelesen haben. Wer verstanden hat, dass die Gemeinschaften, Gemeinden und Jugendkreise nicht nur unter staatlicher Benachteiligung, sondern auch unter zwei großen Auswanderungswellen bis zum Mauerbau 1961 und nach dem Mauerfall 1989 zu leiden hatten, den wundert es nicht, dass die kirchliche Landschaft in manchen Regionen des Ostens so ausgedünnt ist.

Wer wahrnimmt, dass die Landeskirchen für die Gemeinschaftsverbände und ihre Kinder- und Jugendarbeiten in der Zeit der DDR-Diktatur mehr als nur ein schützendes Dach waren, der kann besser einordnen, warum östliche Gemeinschafts- und EC-Verbände auch heute noch eine größere Nähe zu den Landeskirchen haben, als es andernorts in unserem wiedervereinigten Land der Fall ist.

Mein Fazit: Ein unbedingt lesenswertes Buch, das Vergangenes vor dem Vergessen bewahrt, Gegenwärtiges aus der Geschichte heraus verständlich macht und nicht zuletzt zeigt, wie Gott in einer besonderen Zeit, unter besonderen Umständen sein Reich gebaut hat.

Flämig, Konrad: Christsein zwischen Selbstbehauptung und Anpassung, Gnadauer Verlag, 472 S., ISBN 978-3-87092-630-4; 24,95 Euro

Autor:

Online-Redaktion

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