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Solingen trauert
Anteilnahme, Trost und Mahnungen

Foto: epd-bild/Meike Böschemeyer

Die Trauer und das Entsetzen über die tödliche Messerattacke in Solingen wirken nach. Bei einer Trauerkundgebung auf einem Marktplatz und einem Trauergottesdienst in der Stadt suchen die Menschen am Wochenende nach Trost und Zuspruch.

Von Michael Bosse (epd)

Die Anteilnahme und die Trauer in Solingen nach der Bluttat von Freitagabend sind groß. Beim ökumenischen Trauergottesdienst am Sonntagmorgen reichten die aufgestellten Stühle bei Weitem nicht aus, um der Masse der Ankommenden einen Sitzplatz zu bieten. Noch während die Orgel zum Auftakt des Gottesdienstes spielt, bringen Mitarbeiter der evangelischen Stadtkirchengemeinde weitere Stühle. Es reicht trotzdem nicht: Etliche Dutzend der fast 700 Besucher müssen im Stehen den Gottesdienst in der lichtdurchfluteten Kirche direkt neben dem Ort des Anschlags verfolgen.

Hintergrund

Die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger in Solingen haben in der Nacht des Anschlags 56 Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern geführt. Dazu seien am Freitagabend 15 Notfallseelsorger sofort im Einsatz gewesen, sagte die Koordinatorin der Notfallseelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Solingen, Simone Henn-Pausch. Am Samstag und Sonntag sei ein «Vielfaches mehr» an Gesprächen erfolgt. Zahlen dazu liegen nach Angaben von Henn-Pausch für die beiden Tage aber nicht vor.

Die Superintendentin des Kirchenkreises Solingen, Ilka Werner, verhehlt in ihrer Predigt ihre Bestürzung und Ratlosigkeit nicht. Im Angesicht der grausamen Tat, die nur ein paar Meter von der Stadtkirche entfernt begangen wurde, müsse man sich fragen, wie es dazu kommen konnte, sagt die evangelische Theologin. Sie frage angesichts der Tat: «Gott, wo bist Du?», erhalte aber bislang keine Antwort.

Werner warnt vor Gerüchten, Verleumdungen und Schuldzuweisungen bei der Suche nach den Verantwortlichen. Solche einfachen Antworten reichten nicht aus, um das Unglück zu begreifen und die Trauer zu bewältigen, betont die besonnene Theologin, die direkt nach dem Anschlag auch als Notfall-Seelsorgerin gefragt war.

Werner geht in ihrer Predigt auch darauf ein, dass sich der mutmaßliche Täter - ein 26-Jähriger - der Polizei gestellt habe. Für den Messerangriff mit drei Toten und acht Verletzten wird ein islamistischer Hintergrund vermutet, am Samstag hatte sich auch die Terrororganisation «Islamischer Staat» (IS) der Tat bezichtigt. Dass sich der Tatverdächtige nun der Polizei gestellt habe, sei «ein Anfang, aber noch keine Antwort», erklärte Werner.

Bei dem Solinger Stadtfest hatte ein Angreifer am Freitagabend mit einem Messer auf Besucher vor einer Bühne in der Innenstadt eingestochen. Er tötete zwei Männer und eine Frau. Acht Menschen wurden verletzt, vier von ihnen schwer. Das bis Sonntag geplante «Festival der Vielfalt» zum 650. Geburtstag der Stadt wurde daraufhin beendet.

Eingeladen zu dem Trauergottesdienst hatte die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen. Unter den Besuchern waren auch der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, und der Oberbürgermeister der Stadt Solingen, Tim Kurzbach (SPD). Geleitet wurde der Gottesdienst von der Pfarrerin der evangelischen Stadtkirchengemeinde, Friederike Höroldt, und dem katholischen Stadtdechanten Michael Mohr.

Höroldt gestand, dass durch die Bluttat «unser Vertrauen» erschüttert sei. Die Menschen in Solingen suchten Trost, Hilfe und Beistand. Dies sollten auch die Fürbitten leisten, mit denen der «drei Ermordeten» und all jener gedacht werde, «die gelitten haben», sagte Stadtdechanten Mohr.

Auch am Sonntag bekannten viele Menschen öffentlich ihre Trauer um die Opfer des Messerangriffs. Ein Mann legte einen Kranz an der Stadtkirche ab. Neben Blumen und Kerzen fanden sich dort auch ein Fanschal des FC St. Pauli, ein kleines Porträtbild eines Mannes und ein weißes Transparent mit der aufmunternden Botschaft: «Du bist nicht allein». Zahlreiche Menschen schrieben ihre persönlichen Wünsche auf: «Gemeinsam sind wir stark», «Gegen Hass und Gewalt», «Ruhe in Frieden» und «Solingen steht zusammen» war unter anderem zu lesen.

Am Samstagabend kamen bereits 1.500 Menschen zu einer Gedenkveranstaltung auf dem Solinger Neumarkt zusammen. «Unsere Stadt ist voller Trauer», sagte Oberbürgermeister Kurzbach, der auch Vorsitzender des Diözesanrats im Erzbistum Köln ist. Die Kondolenzbekundungen aus aller Welt würden helfen, mit «dem unendlich großen Schmerz» nicht allein zu sein.»

Autor:

Online-Redaktion

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